Tagtäglich wird an Deutschlands Autobahnen gearbeitet. In der Nähe von Schweinfurt betonieren Arbeiter 2016 eine Brücke, als das Traggerüst plötzlich nachgibt. Nun steht der Statiker vor Gericht.
Fast neun Jahre nach dem Einsturz einer Autobahnbrücke bei Schweinfurt mit einem Toten hat ein angeklagter Statiker versichert, er sei davon ausgegangen, alles Nötige berechnet zu haben. „Das, was damals passiert ist, ist für mich nach wie vor unfassbar“, sagte der 53-Jährige zu Prozessauftakt vor dem Landgericht Schweinfurt. Er sei entsetzt gewesen, als er erfahren habe, dass der mit der Prüfung der statischen Berechnungen beauftragte Ingenieur diese Prüfung gar nicht persönlich vorgenommen habe.
Der 53-Jährige ist der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung in 14 Fällen angeklagt. Der Mann hatte 2015 die Statik der Traggerüstkonstruktion der Brücke berechnet. Am 15. Juni 2016 war das Traggerüst für die neue Schraudenbach-Talbrücke auf der Autobahn 7 nahe Werneck im Norden Bayerns eingestürzt, als gerade 1.500 Tonnen Beton eingefüllt waren. Ein Bauarbeiter starb, 14 wurden verletzt.
Angeklagter entsetzt über fehlende Prüfung
„Ich denke sehr oft an die Betroffenen, an die Familien, an die Hinterbliebenen“, sagte der Angeklagte. „Das Verfahren begleitet mich ein Fünftel meines gesamten Lebens.“
Der Statiker beteuerte, er hätte die Traggerüstkonstruktion nie aufbauen lassen, wenn er gewusst hätte, dass der staatlich beauftragte Prüfingenieur seine Berechnungen gar nicht persönlich geprüft habe. Stattdessen hatte der 61-Jährige laut Verteidigung die Arbeit einem anderen Ingenieurbüro übertragen. Ihr Mandant hätte nie erwartet, dass der Prüfingenieur eine Statik ungeprüft als geprüft freigebe, sagte die Verteidigerin.
Mängel in statischer Berechnung
Im Mai 2023 hatte das Landgericht den 61-jährigen Prüfingenieur und einen weiteren zu Haftstrafen verurteilt. Ein dritter Mann wurde freigesprochen. Die Vorsitzende Richterin sprach damals von einer lückenhaften statischen Berechnung, die zu dem Unglück geführt habe. Das aufgebaute Traggerüst der neuen Brücke hätte die Last im betroffenen Abschnitt nie tragen können.
Die Verteidiger hingegen argumentierten immer wieder, die Bauarbeiter hätten das Stahlgerüst anders als in den Plänen aufgebaut und so das Unglück verursacht. Die vorgeschriebene Überwachung des Baus sei ausgeblieben.