Die ersehnte WM-Medaille ist zum Greifen nah. Ein Fehlgriff aber kostet Karina Schönmaier bei den Turn-Weltmeisterschaften einen Podestplatz. Unterdessen geht eine deutsche Trainerin in Rente.
Karina Schönmaier weinte bitterlich. Auch Respekt und Anerkennung der Konkurrentinnen waren der 20 Jahre alten Chemnitzerin kein Trost, als sie begleitet von ihrem Trainer Anatol Ashurkov die Halle verließ. Statt mit der ersehnten und möglichen Medaille am Sprung reist die Europameisterin als Fünfte und mit einer riesigen Enttäuschung von den Turn-Weltmeisterschaften in Jakarta nach Hause. „Mir geht es nicht gut. Ich habe das Beste rausgeholt, ich habe alles gegeben, was ich konnte“, sagte sie mit von Tränen geröteten Augen.
Wegen eines Technikfehlers beim ersten Versuch wurde Schönmaier mit dem Abzug von 2,0 Punkten bestraft. Damit waren alle Chancen auf die erste deutsche WM-Medaille am Sprung seit Oksana Chusovitina 2011 dahin. Die Doppel-Europameisterin hatte nur eine Hand auf dem Sprungtisch statt wie vorgeschrieben beide Hände.
Auch ein umgehender Protest ihres Trainers half nichts. Trotz eines tadellosen zweiten Sprungs reichte die Durchschnittsnote von 13,483 Zählern für beide Versuche nur zum fünften Platz. „Meiner Meinung nach habe ich meine beiden Sprünge geschafft. Und wenn das nicht gezählt wird, kann ich das auch nicht beeinflussen“, meinte sie.
Neuer Sprung, bekanntes Problem
Als die Russin Anschelina Melnikowa, die als neutrale Athletin antrat, einen Tag nach ihrem Mehrkampftitel auch die Goldmedaille als Beste am Sprung umgehängt bekam, war Schönmaier schon nicht mehr in der IMS Arena. Auf dem Weg zurück ins Hotel versuchte sie, ihre Enttäuschung zu verkraften. Immerhin hatte die Chemnitzerin erstmals im Wettkampf ihren neuen Sprung mit einer höheren Schwierigkeit gezeigt. „Das war ein Riesenschritt für mich, das zu schaffen“, betonte sie.
Doch ausgerechnet dabei unterlief ihr der folgenschwere Fauxpas, der an anderer Stelle als Kunststück gefeiert würde, nach den Turnregeln aber hart bestraft wurde. „Ich habe Abzug bekommen, weil meine zweite Hand nicht richtig zum Tisch gestützt ist. Ich habe quasi fast einarmig geturnt“, sagte Schönmaier. Ganz neu war ihr dieser Patzer aber nicht. „Ich weiß, dass ich da ab und zu mal Probleme habe. Aber in meinem Wettkampfsprung habe ich es tatsächlich nicht wahrgenommen. Ich habe es als gut empfunden. Deswegen enttäuscht mich das Resultat sehr“, bekannte sie.
Computer enthüllt Fehler
Eine gefühlte Ewigkeit lang prüften die Juroren wie Video Assistent Referees im Fußball Schönmaiers Übung, ehe das harte Urteil feststand und sie zum zweiten Versuch anlaufen konnte. „Ich wusste, ich habe keine Chance mehr auf eine Medaille durch den großen Abzug. Dann habe ich einfach meinen zweiten Sprung sauber und ordentlich hinter mich gebracht – und fertig.“ 14,033 Punkte waren dafür der Lohn. Ohne die Strafe hätten ihre Sprünge für Silber gereicht.
Wie Schönmaier verstand auch Trainer Ashurkov die Welt nicht mehr. Sie hätten daran gearbeitet, um den Kampfrichtern keinen Anlass für Abzüge zu geben. Der Computer habe den Berührungsfehler enthüllt, der mit dem normalen Auge nicht zu erkennen wäre, erklärte er. „Computer sind die neue Realität. Das Turnen hat sich dadurch sehr verändert. Das ist die Zukunft. Wir müssen mit Computern arbeiten“, sagte Ashurkov.
Frehse geht in Rente
Während das Duo betrübten Herzens den Blick in die Zukunft richtete, war das Sprungfinale für Gabriele Frehse der letzte Auftritt auf der großen Turnbühne. Einen Tag vor ihrem 65. Geburtstag verabschiedete sich die Chemnitzer Trainerin mit einem Erfolg in die Rente. Charlize Mörz hatte unter ihrer Leitung als Nationaltrainerin als erste Turnerin aus Österreich überhaupt ein WM-Finale erreicht. „Cool“, sagte Frehse, „das macht mich sehr stolz. Ein schöner Abschluss.“ Die 20 Jahre alte Mörz wurde Siebte.
Am vorletzten Tag der Titelkämpfe in Indonesiens Hauptstadt gewann Olympiasiegerin Kaylia Neymour aus Algerien WM-Gold am Stufenbarren mit einer Übung der Extraklasse und fabelhaften 15,566 Punkten. Bei den Männern gingen die ersten Geräte-Titel an den Briten Jake Jarman am Boden, Yanming Hong aus China am Pauschenpferd und Donnell Whittenburg aus den USA an den Ringen.










