Mega-Projekt auf Lombok: „Miami Indonesiens“: Trauminseln im Visier von Investoren

Indonesien will den Bali-Erfolg wiederholen: Auf der Nachbarinsel Lombok wird eine Smart City gebaut, im Komodo-Archipel sind Luxusvillen im Reich der Warane geplant. Wie weit darf Tourismus gehen?

Von den Hügeln über dem Fischerdorf Buwun Mas auf Lombok schweift der Blick über türkisfarbenes Meer, kleine Inseln und Kokospalmen. Kinder rennen barfuß über staubige Wege, Fischer flicken ihre Netze. Über Generationen hat sich hier kaum etwas verändert. Doch nun könnte sich das Leben auf der teils noch unberührten Insel – dem direkten Nachbarn der hoffnungslos überlaufenen Urlaubsinsel Bali – auf einen Schlag wandeln. 

Auf 149 Hektar Küstenland in bester Lage entsteht seit Kurzem Marina Bay City – ein eine Milliarde Dollar (850 Millionen Euro) teures Projekt, das die australischen Investoren schon als „Miami Indonesiens“ anpreisen. In zehn Jahren soll es fertiggestellt sein. Geplant sind eine Marina, Luxusvillen, Hotels und Freizeitangebote – ein Sprung in die Welt des Massentourismus, von dem das idyllische Buwun Mas bislang weit entfernt war. Das weckt gleichermaßen Skepsis und Optimismus bei der Bevölkerung.

„Früher haben Investoren nur Land gekauft und es dann brachliegen lassen“, sagt Dorfchef Rochidi. „Jetzt wird wirklich gebaut. Wir hoffen, dass unsere Leute Arbeit finden und profitieren können.“ Die Mischung aus Hoffnung und Sorge prägt viele Gemeinden auf Lombok, seit die Regierung die Insel im Windschatten Balis als neuen Tourismusmagneten etablieren will. 

Kampf David gegen Goliath

Das Mandalika-Resort im Süden brachte zwar MotoGP-Rennen und Besucherströme, aber auch Streit über Landrechte und Entschädigungen. Rund um die nahe gelegene hufeisenförmige Bucht Tanjung Ann mit ihrem herrlichen Strand wehren sich Anwohner längst gegen den Abriss ihrer Surf-Schulen, Restaurants und kleinen Läden – der ewige Kampf David gegen Goliath, also zwischen kleinen heimischen Betreibern und großen Hotelketten.

In Buwun Mas versprechen die Investoren Nachhaltigkeit: solarbetriebene Fahrzeuge, Abfallverwertungssysteme und faire Jobs für die Einheimischen. „Wir schaffen nicht nur Baustellenjobs, sondern langfristige Perspektiven“, sagt der Geschäftsführer des Projekts, Adrian Campbell. Dazu gehörten lukrative Arbeitsplätze für die Einheimischen: „Die Menschen hier wissen, dass wir Wohlstand bringen und zukünftige Jobs schaffen“, betont der Australier.

Bisher ein Geheimtipp für Rucksackreisende

Viele Inselbewohner schwanken zwischen Sorge und Optimismus. Denn Lombok, nur eine halbe Flugstunde von Bali entfernt, hinkt seinem berühmten Nachbarn seit Jahrzehnten hinterher. Während Millionen Urlauber jedes Jahr an Balis Strände strömen, Tempel und Reis-Terrassen besichtigen oder Yoga-Retreats buchen, blieb Lombok oft eine Randnotiz – ein Geheimtipp für Rucksackreisende und Surfer.

Kritiker warnen hingegen vor den Folgen des Mega-Projekts: „Hochhäuser sind ein Schandfleck und werden Lombok zerstören. Sie sollten verboten werden. Lernt doch bitte aus den Erfahrungen auf Bali und Mykonos!“, kommentierte ein Leser unter einem Artikel über Marina Bay City in der Zeitung „The Bali Sun“. Ein anderer betonte, dass sich am Ende doch nur wieder lokale Politiker und die Genehmigungsbehörden bereichern würden: „Sie bekommen genau das, was sie wollen: Geld. Und dafür schrecken sie vor nichts zurück.“

Parallelen zu Mallorca und den Kanaren

Das weckt Erinnerungen an Debatten, wie man sie auch aus europäischen Urlaubsparadiesen kennt: auf Mallorca, wo kleine Fincas unter dem Druck großer Hotelketten verschwinden, oder auf den Kanaren, wo Einheimische gegen Airbnb-Überfüllung demonstrieren. Auch auf Lombok ist die Sorge groß, dass am Ende die Dorfgemeinschaften leer ausgehen.

Indonesiens Tourismus boomt derweil nach der Pandemie wieder kräftig. Die Regierung rechnet damit, dass die Branche 2025 rund 5,5 Prozent zur Wirtschaftsleistung des weltgrößten Inselstaates beitragen wird – etwa 68 Milliarden Euro. Besonders stark wächst der Inlandstourismus, doch auch internationale Besucherzahlen könnten schon bald die früheren Rekorde brechen.

In der Provinz West-Nusa Tenggara, in der Lombok liegt, hoffen die Behörden, in diesem Jahr insgesamt 2,5 Millionen Touristen zu empfangen. Die Attraktionen reichen von den Korallenriffen der Gili-Inseln bis zu den Wasserfällen im Zentrum von Lombok. Der internationale Flughafen der Insel wurde auf sieben Millionen Passagiere pro Jahr und um neue Flüge erweitert, unter anderem aus Malaysia.

Kontroverses Projekt im Reich der Komodo-Drachen

400 Kilometer östlich ist inzwischen eine ähnliche Debatte entbrannt – da wo Indonesiens wohl bekannteste Urzeitwesen leben: die Komodo-Drachen.

Auf der kleinen Insel Padar, seit 1991 Teil des Unesco-Weltnaturerbes Komodo-Nationalpark, sorgt ein weiteres geplantes Mega-Resort für Empörung. Eine Firma will dort Hunderte Villen, Restaurants, ein Spa und sogar eine Hochzeitskapelle bauen – mitten im Lebensraum der größten heute noch lebenden Echsen der Welt. „Padar Island ist kein Spielplatz für Investoren“, kritisierte die Aktivistin Astra Tandang bei einer Demonstration in Jakarta.

Umweltexperten warnen, dass die Bauarbeiten die empfindliche Fauna stören könnten. Eine Studie der Landwirtschaftsuniversität Bogor verweist auf Überschneidungen mit Brut- und Futterplätzen der Warane. 

Die Regierung versichert zwar, dass keine Betonburgen entstehen dürfen und nur temporäre Bauten erlaubt würden. Doch die Skepsis ist groß – nicht zuletzt, weil bereits 2020 Pläne für ein „Jurassic Park“-Projekt auf der Nachbarinsel Rinca für weltweites Kopfschütteln sorgten. Damals rollten schwere Laster durch den Nationalpark – in unmittelbarer Nähe einiger der letzten 3.500 Komodo-Drachen, die auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) als „gefährdet“ eingestuft werden. Am Ende wurden aus dem angekündigten Themenpark nur eine Besucherplattform und ein paar Läden.

Dass nun erneut in dieser einmaligen Landschaft über touristische Erschließung diskutiert wird, elektrisiert nicht nur Indonesien. Für Reisende aus aller Welt stellt sich die Frage, wie weit Tourismusprojekte gehen dürfen – und ob der Spagat zwischen Schutz und Entwicklung gelingen kann. Oder ob traurige Wahrheit wird, was ein indonesischer Kommentator im Internet prognostizierte: „Lasst uns die Landschaft hier doch genauso verschandeln wie Bali und dann zur nächsten Insel übergehen und zur nächsten, bis sie alle am Ende sind.“