Kriminalität: Gewalttaten: Hohe Haftstrafen für Brüder aus dem Clan-Milieu

Zwei Brüder fallen in ihrem Kiez auf. Sie sollen vor einem Lokal, in einer Werkstatt und einem Friseursalon gewalttätig geworden sein. Sie wollten sich Respekt verschaffen, urteilte nun ein Gericht.

Zwei Brüder aus dem Clan-Milieu sind in einem Prozess um drei Gewalttaten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. 14 Jahre und sechs Monate verhängte das Berliner Landgericht unter anderem wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung gegen einen 24-Jährigen. Sein 29-jähriger Bruder erhielt 14 Jahre Haft sowie eine weitere Strafe von drei Jahren und neun Monaten Gefängnis unter Einbeziehung einer Verurteilung in einem früheren Verfahren.

Ohne nachvollziehbaren Anlass und „aus übersteigertem Geltungsbedürfnis“ hätten die Angeklagten in ihrem Kiez in Berlin-Neukölln drei Gewalttaten begangen, sagte der Vorsitzende Richter Bernd Miczajka in der Urteilsbegründung. Sie hätten sich „Respekt verschaffen“ oder Opfer für ihr Verhalten bestrafen wollen. Zuletzt wäre vor zwei Jahren ein damals 34-Jähriger durch drei Messerstiche beinahe gestorben, hieß es weiter.

Richter: „Um Gäste zu disziplinieren“

Zu der ersten Tat sei es am 23. Mai 2023 vor einem Lokal gekommen. Gäste hätten sich zunächst über ein Auto mit laufendem Motor beschwert, so der Richter. Im Wagen habe auch die Frau des 29-Jährigen gesessen. Sie habe ihn angerufen, er sei mit dem 24-Jährigen gekommen, „um die Gäste zu disziplinieren“. Die Brüder hätten mit Fäusten zugeschlagen, der Jüngere auch mit einem Baseballschläger. Einige Tage später habe der ältere Bruder versucht, eine Mitarbeiterin des Lokals einzuschüchtern – „sie solle die Wahrheit sagen, er gehöre einem arabischen Clan an“, so der Richter.

Rund einen Monat später hätten die Brüder auf dem Gelände einer Autowerkstatt einen Mann angegriffen, weil er ihnen nicht sofort den Weg freigemacht habe. Schließlich sei es im September 2023 zu Messerstichen in einer Auseinandersetzung in einem Friseursalon gekommen. Einen Mann, der schlichten wollte, hätten die Angeklagten wegen vermeintlicher Respektlosigkeit bestrafen wollen, hieß es weiter im Urteil. Der 24-Jährige habe zugestochen, der ältere Bruder habe die Tat mitgetragen.

Ein Angeklagter auf freiem Fuß

Die Angeklagten, die Angaben zufolge in einer arabischen Familie in Berlin aufgewachsen sind, wurden im Oktober 2023 festgenommen. Weil die Staatsanwaltschaft Fristen nicht eingehalten habe, sei der 29-Jährige nach einer Entscheidung des Berliner Kammergerichts nach rund sechs Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen worden, hieß es am Rande. Er ist seitdem frei und habe sich dem Verfahren mit über 40 Verhandlungstagen stets gestellt.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Fall des vorgeworfenen versuchten Mordes jeweils lebenslange Haftstrafen gegen die Brüder gefordert. Das Gericht sah davon ab – so habe es sich um relativ spontane Taten gehandelt, zudem hätten sich die Angeklagten noch nie in Strafhaft befunden. Die Verteidiger sahen die Hauptvorwürfe als nicht erwiesen an und plädierten in diesen Fällen auf Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.