Fernsehunternehmen: Berlusconi-Konzern übernimmt Kontrolle bei ProSiebenSat.1

ProSiebenSat.1 steht vor einem Umbruch. Die italienische MFE-Holding, die der Berlusconi-Familie gehört, übernimmt die Mehrheit am Münchener Unternehmen.

Der italienische Berlusconi-Konzern Media for Europe (MFE) hat nach seinem großen Aktienankauf die volle Kontrolle am deutschen Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 erlangt. Man habe die 75-Prozent-Schwelle der Anteile an der ProSiebenSat.1 Media SE überschritten, teilte MFE mit. Vor Beginn der Offerte waren es noch rund 30 Prozent gewesen.

ProSiebenSat.1 soll Netflix Paroli bieten

Die Holding der Familie des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ist bereits in Italien und Spanien aktiv und will mit ProSiebenSat.1 eine europäische Rundfunk- und Mediengruppe aufbauen. Die Italiener haben seit 2019 ihren Anteil bei ProSiebenSat.1 stetig ausgeweitet und wollen die Bayern in ihre Zukunftspläne einbauen, um den Streaming-Riesen aus den USA wie Netflix und Amazon Prime Paroli zu bieten. 

Diese Woche hatte der Sohn des 2023 gestorbenen früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi bei einem Treffen mit Medienstaatsminister Wolfram Weimer den künftigen Kurs skizziert: ProSiebenSat.1 SE solle stärker auf das deutsche Publikum ausgerichtet werden – mit mehr Nachrichten, Unterhaltung und Eigenproduktionen, gleichzeitig weniger zugekauften Formaten. Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben.

Berlusconi im Kanzleramt zu Gast

Berlusconi war einer Einladung Weimers ins Bundeskanzleramt gefolgt. Man habe zusammen „gemeinsame Linien“ entwickelt, teilte der Sprecher des Medienstaatsministers mit. „Redaktionelle Unabhängigkeit ist von zentraler Bedeutung – sie darf nicht angetastet werden“, erklärte Weimer nach dem Gespräch. „Wir sind in diesem Punkt einer Meinung, und das ist eine gute Voraussetzung für ein gelingendes Engagement im deutschen Medienmarkt.“

Mit der Mehrheit von über 50 Prozent können die Italiener die Umsätze und Gewinne von ProSiebenSat.1 voll in die eigene Bilanz aufnehmen. Mit der Dreiviertel-Mehrheit von 75 Prozent ist sogar ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag möglich, der ihnen den Zugriff auf die Finanzmittel gäbe. MFE kann nun ohnehin künftig einfach am Markt zukaufen. Die übrigen Anteile sind im Streubesitz, liegen meist bei Fondsgesellschaften und privaten Anlegern.

ProSiebenSat.1 ist neben der RTL-Familie der zweite große private Fernsehkonzern in Deutschland. Neben klassischen Sendern wie ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins gehört unter anderem auch der Streaminganbieter Joyn zu der Firmengruppe. Bekannte Formate sind zum Beispiel die Shows „Germany’s Next Topmodel“, „Joko & Klaas gegen ProSieben“, „The Voice of Germany“ und „Rosins Restaurants“ sowie die Comedyserie „jerks.“.

Transparenzhinweis: Der stern ist Teil von RTL Deutschland, einem Mitbewerber von ProSiebenSat.1.