In Donald Trumps USA herrscht Meinungsfreiheit, solange die Meinung die richtige ist. Mitarbeiter der kaputtgesparten Katastrophenschutzbehörde Fema erleben das hautnah.
Am 29. August 2005 trifft Hurrikan „Katrina“ auf die Golfküste der USA. Zwei Tage später liegen ganze Städte, allen voran New Orleans, in Trümmern – und mehr als 1800 Menschen sind tot. Experten sind sich sicher: Das hätte nicht geschehen dürfen – zumindest nicht in diesem Ausmaß. Warnungen seien ignoriert, Vorbereitungen nicht getroffen worden.
Auf die Woche genau 20 Jahre später veröffentlichen 182 ehemalige und aktuelle Mitarbeiter der US-Katastrophenschutzbehörde Fema (Federal Emergency Management Agency) einen offenen Brief. In der „Katrina Erklärung“, wie sie die an den Kongress gerichtete Petition nennen, machen sie der Behördenleitung und damit der Trump-Regierung schwere Vorwürfe. Ein zweites „Katrina“ sei nicht nur möglich, sondern nur eine Frage der Zeit.
Fema-Leitung suspendiert Mitarbeiter – ohne Begründung
Sie sähen sich gezwungen, „die amerikanische Bevölkerung vor den kaskadenartigen Auswirkungen der Entscheidungen der aktuellen Regierung zu warnen“, heißt es in dem Schreiben. So wie die Behörde derzeit aufgestellt sei, sei man schlicht nicht in der Lage, der nächsten Naturkatastrophe Herr zu werden.
Der Brief zeugt von Mut, ist die Angst vor Rache in der Ära Trump 2.0 doch weitverbreitet. Aus gutem Grund. Einen Tag nach Veröffentlichung wurden die 36 Fema-Mitarbeiter, die die Petition mit Namen unterschrieben hatten, übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge suspendiert.
„Wieder einmal sehen wir, wie die Bundesregierung gegen unsere Beamten wegen Whistleblowings Vergeltungsmaßnahmen ergreift – was sowohl illegal ist als auch einen tiefen Verrat an den engagiertesten unter uns darstellt“, erklärt Colette Delawalla, Geschäftsführerin von „Stand Up for Science“ der „New York Times“. Die Interessenvertretung hatte den offenen Brief auf ihrer Website veröffentlicht.
Warum genau die Mitarbeiter „mit sofortiger Wirkung und bis auf Weiteres“ in bezahlten Urlaub geschickt wurden, verrät die Mail, die der US-Zeitung vorliegt, nicht. Es sei „nicht überraschend, dass einige der gleichen Bürokraten, die jahrzehntelang für Ineffizienz verantwortlich waren, sich nun gegen Reformen wehren“, zitiert die „Washington Post“ allerdings einen Sprecher der Fema-Leitung.
Fema-Chef wusste offenbar nicht, dass es eine Hurrikansaison gibt
Die Behörde stehe „unter der Leitung von Personen, denen die rechtlichen Qualifikationen, die Zustimmung des Senats und die für einen Fema-Administrator erforderlichen, nachgewiesenen Erfahrungen fehlen“, heißt es in dem Schreiben weiter.
Gemeint ist unter anderem der ehemalige Marinesoldat David Richardson. Der neue Fema-Chef hatte seinen Mitarbeitern zum Einstieg Mitte Mai Drohungen mitgebracht: „Kommt mir nicht in die Quere!“ Wer sich zwischen ihn und den „Willen des Präsidenten“ stelle, den werde er überrollen. Mehr als ein Dutzend hochrangige Beamte warfen daraufhin hin.
Wenig später machte Richardson Schlagzeilen, als er während einer Besprechung angeblich erklärte, absolut keine Ahnung gehabt zu haben, dass es in den USA so etwas wie eine Hurrikansaison gibt. Ein Behördensprecher behauptete danach eilig, das sei alles nur ein Scherz gewesen.
Trump spart Katastrophenschutzbehörde kaputt
Dabei ist die Fema gefragter denn je. Aufgabe der Behörde ist es, sicherzustellen, „dass Amerika für die Vorbereitung auf und die Reaktion auf Katastrophen gerüstet ist“. Die Kosten für die Vor- und Nachsorge von Extremwetterereignissen sind wegen des Klimawandels in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Laut Untersuchungen des staatlichen Wetterdienstes der USA kosteten Naturkatastrophen den US-Steuerzahler in den drei Jahren zwischen 2022 und 2024 rund 460 Milliarden Dollar – mehr als doppelt so viel wie in den gesamten 1980er-Jahren.
Donald Trump hatte die Fema bereits in seiner ersten Amtszeit auf dem Kieker gehabt. Mal sah er in ihr ein Milliardengrab, mal beschuldigte er die Leitung, mit den Demokraten gegen ihn zu paktieren. Das hielt Trump freilich nicht davon ab, die Fema seinerseits für politische Zwecke zu missbrauchen. Tanzte ein Gouverneur aus der Reihe, drohte der Präsident damit, im Katastrophenfall Bundesmittel zurückzuhalten.
Nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus kündigte der Republikaner an, das ohnehin knappe Budget der Behörde massiv zu kürzen – wohl auch aus Rache für deren vermeintlich linke Politisierung. Trumps Vorstellung nach soll die Fema in ihrer jetzigen Form schnellstmöglich abgeschafft werden und die Bundesstaaten den Katastrophenschutz wieder stärker selbst übernehmen. Welcher Staat dazu wie viel Geld aus Washington erhält, könnte dann zur Einzelfallentscheidung werden – und damit zur Sache des Weißen Hauses.
Ähnlicher Vorfall in der Unweltschutzbehörde
Es ist nicht das erste Mal, dass die Trump-Regierung gegen kritische Beamte vorgeht.
Wie US-Medien berichten, ordnete Heimatschutzministerin Kristi Noem kürzlich an, Mitarbeitende Lügendetektortests zu unterziehen, um mögliche Medienspitzel ausfindig zu machen. Auch deshalb fordern Fema-Mitarbeiter in der Petition, ihre dem Heimatschutzministerium unterstehende Behörde auszugliedern. Ko-Vorsitzende des Kongressausschusses, der genau das empfehlen könnte: Kristi Noem.
Doch selbst wenn es ihnen gelänge: Erst vergangenen Monat, nachdem bei heftigen Überschwemmungen in Texas mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen waren, suspendierte die Trump-Regierung 144 Angestellte der eigentlich unabhängigen Umweltschutzbehörde Epa, die ein ähnliches Mahnschreiben veröffentlicht hatten. Die Epa-Leitung ordnete sogar eine Untersuchung an, um zu prüfen, ob die Unterzeichner den Brief während ihrer Arbeitszeit und/oder auf Regierungscomputern getippt haben.
Quellen: Offener Brief „The Fema Katrina Declaration„; „New York Times„, „Washington Post„; NPR