Vor dem Schulstart: Neues Schuljahr: Verbote und drohender Unterrichtsausfall

Verbote, Lehrermangel und die Probleme der Schüler: Vor dem Start ins neue Schuljahr beschäftigen Eltern, Schüler und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Hessen einige Themen.

Das neue Schuljahr in Hessen steht kurz bevor – und bringt einige Änderungen mit sich. Erstmalig gilt ab dem Schulstart am Montag (18. August) ein umfassendes Handyverbot an allen hessischen Schulen. Die private Nutzung von Smartphones, Tablets und Smartwatches ist dann grundsätzlich verboten, besonders strikt an Grundschulen und mit Ausnahmen an weiterführenden Schulen.

Bei dem Verbot gingen die Meinungen „sehr weit auseinander“, sagte die Vorsitzende des Landeselternbeirats Hessen, Anne Zulauf. Einige Eltern würden kritisieren, dass sie ihre Kinder nicht mehr erreichen könnten, andere befürworteten das Verbot. „Die Kinder sind ja allerdings weiterhin durch das Sekretariat erreichbar“, sagte sie.

Zu dieser Einschränkung müsse mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden. Auch weiterhin könne das Handy mit zur Schule genommen werden, „gerade wenn das Ticket oder eine notwendige Gesundheitsapp darauf ist“, sagte Zulauf. Aber vielleicht helfe es den Schülerinnen und Schülern auch, wenn sie „sich mehr miteinander in der Pause beschäftigen als nebeneinander zu stehen und Nachrichten zu schreiben“.

Schülerschaft sieht Verbot kritisch

Landesschulsprecher Laurenz Spies kritisierte das Verbot hingegen: „Wir sehen natürlich, dass durch das Handy in der Schule Probleme auftreten können. Wir meinen aber, dass ein Verbot das nicht löst.“ Das täte nur eine gute Medienbildung. Die Handynutzungszeit in der Schule sei nicht das Problem, die meiste Zeit verbrächten die Kinder weiterhin in der Freizeit an den Geräten.

Laut Bildungsministerium geht es beim Handyverbot um den Schutz vor verstörenden Inhalten sowie die Förderung von Konzentration und sozialem Miteinander. Das einheitliche Verbot könne Schulleitungen und Lehrkräften Diskussionen vor Ort ersparen, hieß es. Die Medienbildung soll zudem ausgeweitet werden.

Viele Lehrkräfte fehlen in Hessen

Ein eklatantes Problem bleibt laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen (GEW) der Lehrermangel im Land. 10.000 Vollzeitkräfte fehlen nach Ansicht der GEW. 5.000 Studierende und 5.000 weitere Menschen ohne Lehrerausbildung übernähmen zwar oft die Aufgaben von Klassenlehrern. Das könne aber nicht die Lösung sein. Insbesondere bei Beruflichen und Haupt- und Realschulen gebe es vermehrt offene Stellen, die nicht besetzt werden könnten. Die GEW rechnet deshalb auch mit einer Zunahme des Unterrichtsausfalls im kommenden Schuljahr.

Damit hessische Schulen künftig besser aufgestellt sind, brauche es eine zusätzliche Einnahmequelle, sagte der Vorsitzende der GEW Hessen, Thilo Hartmann. Der knappe Haushalt in vielen Kommunen und im Land gefährde die Bildungsarbeit der Zukunft. Zu einer Schieflage komme es auch durch ungleiche Investitionen in Schulgebäude in verschiedenen Kommunen. Die GEW fordert deshalb eine Vermögenssteuer, die der Bildung zugutekommt.

Hartmann wies auch auf die Belastung von Lehrkräften hin. Mehr als drei Millionen Überstunden seien im vergangenen Schuljahr nicht erfasst worden, viele Lehrerinnen und Lehrer würden regelmäßig ihre zulässigen 48 Arbeitsstunden pro Woche weit überschreiten.

Der Deutsche Lehrerverband Hessen (dlh) forderte, feste Fortbildungszeiten für Lehrkräfte innerhalb der regulären Unterrichtszeit zu ermöglichen. Nach Ansicht des dlh sollten Fortbildungen nicht länger überwiegend in der Freizeit oder in den Ferien stattfinden. Das entlaste Lehrkräfte, erhöhe die Wertschätzung ihrer Arbeit und ermögliche, neue Methoden schneller in den Unterricht zu bringen.

Waffenverbot irritiert

Auch ein allgemeines Waffenverbot gilt ab dem neuen Schuljahr. Bislang waren solche Verbote nicht überall in Hessens Schulordnungen verankert – die neue Regelung soll dies vom neuen Schuljahr an landesweit einheitlich regeln.

Verboten sind dann neben Messern etwa auch Stahlruten, Totschläger, Schlagringe, Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen, Soft-Air-Waffen sowie Feuerwerkskörper und gefährliche Chemikalien, wie es vom Bildungsministerium hieß.

Hartmann von der GEW betonte: „Es gibt schon jetzt keine einzige Schule in Hessen, die das Mitbringen von Waffen erlaubt oder gar das Verletzen von anderen Schüler:innen mit Waffen erlaubt.“ Das heiße: Schülerinnen und Schüler, die vorher bereits etwa ein Messer dabeihatten, würden dies auch weiterhin tun. Ein offizielles Verbot halte davon nicht ab. Hartmann sieht in der Neuregelung ein „Ressentiment-geleitetes Bild, das einen Teil der Schülerschaft stigmatisiert“.

Mentale Gesundheit im Fokus der Schüler

Landesschulsprecher Laurenz Spies unterstrich zudem die Wichtigkeit der mentalen Gesundheit von Schülerinnen und Schülern. Bereits jede und jeder fünfte Schüler und Schülerin kämpfe mit psychischen Problemen, sagte er. Das seien auf Hessen bezogen 160.000 Kinder und Jugendliche – oder zum Vergleich: ganz Darmstadt.

„Schule muss ein Ort der Unterstützung sein – nicht einer, der durch steigenden Leistungsdruck die Situation verschärft“, führte er aus. Ständiger Vergleich durch Noten, Prüfungsdruck und weniger Freizeit, die für Lernen und Hausaufgaben aufgebracht wird, belasteten viele Kinder. „Mentale Gesundheit ist genauso wichtig wie Mathe und Deutsch.“