Frauke Brosius-Gersdorf: Umstrittene Richter-Kandidatin rechnet mit Kritikern ab

Erstmals nach der gescheiterten Richterwahl im Bundestag meldet sich die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zu Wort. Sie erhebt schwere Vorwürfe gegen Medien und Politik. 

Jetzt geht Frauke Brosius-Gersdorf in die Offensive. Und wie. In einem ausführlichen Statement, das eine Bonner Rechtsanwaltskanzlei am Dienstagmorgen verbreitete, übt sie scharfe Kritik an Medien, aber auch an politischen Entscheidungsträgern. 

Die Verfassungsrechtlerin bezeichnet die Berichterstattung „in Teilen der Medien“ als „unzutreffend und unvollständig, unsachlich und intransparent“. Ihre Einstufung als „ultralinks“ oder „linksradikal“ sei „diffamierend und realitätsfern“. Die Kritik habe zum Ziel gehabt, ihre Wahl zu verhindern. 

Kritik übt die Potsdamer Rechtsprofessorin auch an Äußerungen „einzelner staatlicher Funktionsträger“: „In Zeiten, in denen Politikerinnen und Politiker für sich zu Recht stärkeren Schutz vor verbalen Angriffen fordern und ein ‚digitales Vermummungsverbot‘ diskutieren, befremden anonyme Äußerungen aus den Reihen politisch verantwortlicher Funktionsträger des Staates.“ Beides stehe miteinander in Widerspruch. 

Frauke Brosius-Gersdorf dementiert Vorwürfe

Die am vergangenen Freitag im Bundestag geplante Wahl von zwei Verfassungsrichterinnen und einem Verfassungsrichter war am unionsinternen Widerstand gegen die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf gescheitert. Dabei wurde vor allem darauf verwiesen, dass die Juristin den Schutz ungeborenen Lebens relativiere. Auch rechte Medien hatten diese Anschuldigungen massiv kolportiert.

Brosius-Gersdorf widersprach dem Vorwurf in ihrer Erklärung deutlich: Es sei ihr nur um „das verfassungsrechtliche Dilemma“ gegangen, ungeborenes Leben ab der Nidation – also ab Einnisten der befruchteten Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut – die Menschenwürdegarantie „wie dem Mensch nach der Geburt“ zuzuerkennen. Als Wissenschaftlerin habe sie „auf diese Problematik und auf Inkonsistenzen im bestehenden Recht“ hinweisen und „Lösungsmöglichkeiten für eine widerspruchsfreie Regelung des Schwangerschaftsabbruchs“ aufzeigen wollen. 

Kein Schwangerschaftsabbruch bis zum neunten Monat

Sie vertrete jedoch ausdrücklich nicht die Position, dass das ungeborene Leben schutzlos sei, erklärte die Verfassungsrechtlerin. „Ihm steht ab Nidation das Grundrecht auf Leben zu, wofür ich stets eingetreten bin.“ Der Vorwurf, sie würde Schwangerschaftsabbrüche bis zur Geburt legitimieren wollen, sei falsch und entbehre jeder Grundlage.

Zu der politisch entscheidenden Frage, ob sie ihre Kandidatur aufrechterhalten will, äußerte sich Brosius-Gersdorf in ihrem Schreiben vorläufig nicht. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte erklärt, an der Nominierung festhalten zu wollen. Damit bleibt unklar, wie die nötige Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag erzielt werden soll.