Die SPD hat die Union aufgefordert, ihre Kandidatin für einen Richterposten beim Bundesverfassungsgericht zu unterstützen. Es sei „wichtig, gemachte Zusagen einzuhalten“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Sie forderte eine „verlässliche Zusammenarbeit in der Regierungskoalition“. Eichwede schloss eine Sondersitzung des Bundestags in der Sommerpause nicht aus, um die vergangene Woche gescheiterte Richterwahl zu wiederholen.
Wegen Vorbehalten in der Union gegen die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf hatte die schwarz-rote Regierungskoalition die geplante Neubesetzung von insgesamt drei Richterposten beim Bundesverfassungsgericht am Freitag im Bundestag verschieben müssen. Kanzler Friedrich Merz (CDU) bezeichnete den Vorgang am Sonntagabend in der ARD als „undramatisch“ und kündigte Gespräche mit der SPD an. Er sah dabei „keinen Zeitdruck“.
Eichwede wies die Argumentation von Merz zurück, es handele sich bei der Entscheidung um eine Gewissensfrage. „Personalentscheidungen sind in der Regel keine Gewissensentscheidungen, sonst sind Koalitionen schwierig auch in Zukunft“, sagte die SPD-Politikerin. Brosius-Gersdorf sei Ziel einer „nie dagewesenen Hetzkampagne“ geworden, dabei habe es bei der Union offenbar auch „Missverständnisse“ gegeben, die nun ausgeräumt werden müssten.
„Ich glaube, man darf nichts ausschließen“, sagte Eichwede zu einer möglichen Sondersitzung in der Sommerpause. Nötig sei aber zunächst eine Einigung mit der Union, um „klare Verhältnisse“ zu schaffen.
Die Grünen bekräftigten ihre Forderung nach einer Sondersitzung. Diese müsse „zeitnah“ erfolgen, sagte die Ko-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann der „Rheinischen Post“ vom Montag. „Das ist eine Frage des Respekts gegenüber den vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten und eine Frage des Respekts gegenüber dem Bundesverfassungsgericht.“
Unionsfraktionschef Jens Spahn und Bundeskanzler Friedrich Merz (beide CDU) müssten zeigen, dass die schwarz-rote Koalition noch über eine notwendige Mehrheit im Bundestag verfüge, sagte Haßelmann. „Wir können keine Hängepartie über den Sommer akzeptieren, in der das Land im Unklaren darüber ist, ob wir noch eine stabile Regierung haben“, sagte Haßelmann. Die abgesetzte Wahl habe die Koalition „in eine schwere Krise“ gestürzt.
Auch in der SPD gab es offene Zweifel an der Verlässlichkeit der Union. „Erschreckend ist, dass es noch nicht einmal dem Bundeskanzler gelingt, die Union hinter sich zu scharen“, sagte der thüringische Innenminister und SPD-Landesvorsitzende Georg Maier dem „Handelsblatt“. „Wie soll er das Land durch schwierige Zeiten führen, wenn ihm die eigenen Leute schon bei vergleichsweise unbedeutenden Entscheidungen die Gefolgschaft verweigern?“