Deutscher Filmpreis: Igor Levit sorgt mit spontaner Rede zu Margot Friedländer für Gänsehautmoment

Pianist Igor Levit überbrachte beim Filmpreis die Nachricht von Margot Friedländers Tod. Mit stockender Stimme und Tränen in den Augen würdigte er die Holocaust-Überlebende.

Eigentlich sollte Igor Levit bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises am Freitagabend die Laudatio für die beste Filmmusik halten. Doch beim Gang hinter die Bühne wurde der Pianist, wie er selbst sagte, „von einer Nachricht regelrecht überrollt“: Margot Friedländer ist gestorben.

Die Zeitzeugin der Juden-Verfolgung während der NS-Herrschaft starb im Alter von 103 Jahren. Im Theater am Potsdamer Platz in Berlin, wo sich die deutsche Filmprominenz versammelt hatte, dürfte diese Nachricht noch niemanden erreicht haben. Sofort ging ein Raunen durch die Reihen, Schauspielerin Iris Berben stand der Schreck ins Gesicht geschrieben. Igor Levit, selbst Jude, nutzte den Moment für eine spontane, bewegende Rede im Gedenken an Friedländer.Igor Levit

Igor Levit kämpft auf der Bühne mit den Tränen

„Es gibt Momente, die sind größer als der Preis“, sagte Levit, der auf der Bühne mit den Tränen kämpfte, und sein Publikum zu einer Schweigeminute aufforderte. Danach holte der Pianist zu einer spontanen Würdigung für die Holocaust-Überlebende aus: Sie sei „ein Wunder an Menschlichkeit“ gewesen, eine „warmherzige, großzügige, unglaubliche Person“.

Als „dieser kleine Mensch, der der größte Mensch war, den man sich vorstellen kann“, beschrieb Levit Friedländer. Er erzählte von seinen persönlichen Begegnungen „vor, auf und hinter der Bühne“ mit ihr: Friedländer habe mit einem Händedruck ein Gefühl von Sinnhaftigkeit vermitteln können. Sie habe anderen mehr Raum gegeben als sich selbst.

Anlässlich des Todes von Margot Friedländer nahm der Star-Pianist mit immer wieder stockender Stimme die Zuhörenden und die Gesellschaft in die Pflicht: „Es wird sich zeigen, ob ihre Appelle, ihre Worte, ihr Leben, ihre Vergangenheit dazu führen, dass wir da draußen auf der Straße ihre Ziele verfolgen.“ Es gebe keine Rechtfertigung dafür, „einen Millimeter freiwillig jenen zu überlassen, die all das, wofür Margot Friedländer 103 Jahre lebte, zerstören wollen“. In dem Zusammenhang nannte Levit ausdrücklich die AfD.

Margot Friedländer erinnerte an den Holocaust

Friedländer überlebte als Jugendliche während der Nazi-Herrschaft das KZ Theresienstadt. Ihre gesamte Familie starb in Auschwitz. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte sie in die USA aus, 2010 kehrte sie in ihre Geburtsstadt Berlin zurück. Bis zu ihrem Tod hielt sie öffentlich die Erinnerungen an die Verbrechen des Holocausts wach, unter anderem durch ihre Autobiografie „Versuche, dein Leben zu machen“ und durch Auftritte an Schulen.

Am Tag ihres Todes sollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Margot Friedländer das Große Bundesverdienstkreuz verleihen. Die Zeremonie konnte jedoch nicht mehr stattfinden.

Quelle:ZDF