Gasspeicherumlage: Klingbeils Milliarden-Mogelplan

Mit einer kleinen Gesetzesänderung will Minister Klingbeil die teure Gasbeschaffung zur Klimamaßnahme umdeklarieren. Zahlen müssten nicht mehr nur Gaskunden.

Die nächste Woche hat es in sich für den Finanzminister. Das Kabinett soll Lars Klingbeils Haushaltspläne für das laufende Jahr 2025 absegnen – sowie seine Vorschläge, wie der Bund die vielen Milliarden auszugeben gedenkt, die durch das Sondervermögen für Infrastruktur zur Verfügung stehen.

Was technisch klingt, könnte für viele Verbraucher Folgen haben. Denn im so genannten „Haushaltsbegleitgesetz“ 2025 versteckt sich ein kleiner Satz mit womöglich großer Wirkung: Die Regeln für den Klima– und Transformationsfonds sollen so geändert werden, dass dieser künftig auch für die Senkung des Gaspreises herangezogen werden kann.

Ziel des Manövers: Die Gasspeicherumlage, einst in der Energiekrise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine eingeführt, soll in ihrer jetzigen Form weg. Es geht um etwa vier Milliarden Euro. Mit jeder Kilowattstunde Gas, die deutsche Kunden momentan verbrauchen, zahlen sie einen Teil davon ab. Andeutungen zur geplanten Abschaffung hatte Katherina Reiche, selbst lange Managerin bei einem Energieunternehmen, Ende vergangener Woche gemacht. Nun aber ist klar: Die Gasspeicherumlage soll nicht mehr von den Gaskunden gezahlt werden — sondern von allen.  

Klingbeils Manöver täuscht die Bürger

Ob Wärmepumpe, Ölheizung oder Fernwärme, jeder würde künftig indirekt für die noch offenen Kosten aufkommen. Mit Klimaschutz oder Transformation haben die freilich nichts zu tun: Bevor Russland seinen Großangriff auf die Ukraine startete, waren viele deutsche Gasspeicher in russischem Besitz. Und Russland ließ die Gasspeicher als strategisches Druckmittel zum Winter 2021/2022 systematisch leerlaufen, Deutschland hing primär an der Versorgung über die Nordstream-Pipelines. 

Nach dem Angriff auf die Ukraine brach in Berlin Hektik aus: um im folgenden Winter eine Gasmangellage zu verhindern, wurde der Markt von einer damit beauftragten Firma, der Trading Hub Europe (THE), zu Höchstpreisen leergekauft. Insgesamt 8,7 Milliarden Euro für 50 Terawattstunden Gas wurden bezahlt.

Als die Krise ausblieb, sanken die Preise für Gas wieder — und THE blieb auf dem teuren Gas sitzen. Am Ende wurde es mit Milliardenverlusten abverkauft. Seitdem zahlen die Deutschen, Privathaushalte wie Unternehmen, die Gasspeicherumlage. Die macht zwar nur einen kleinen Teil des Preises aus, bei einer dreiköpfigen Familie um die 35 bis 40 Euro pro Jahr. Sie hat aber symbolisch einen hohen Wert: Hier könnte die Bundesregierung selbst die Kosten senken. Immerhin sind noch vier Milliarden Euro offen, die nach jetziger Gesetzeslage bis Ende März 2027 von deutschen Gaskunden abgestottert werden müssen.

Doch das jetzt geplante Manöver ist eine Bürgertäuschung: die vier Milliarden Euro würden dann dem Klima- und Transformationsfonds zur Last fallen. Der soll eigentlich Kosten abdecken, die die Transformation hin zu erneuerbaren Energien wie Solarstrom, Windenergie und Wasserstoff mit sich bringt. 

Nun würde er auch zur Deckung strategischer Fehlentscheidungen alter Bundesregierungen — nicht zuletzt der letzten Merkel-CDU/CSU/SPD-Regierung — genutzt werden. Immerhin waren es SPD- und Unionspolitiker, die Deutschlands strategische Abhängigkeit von Russland billigend in Kauf oder sogar gefördert haben, indem Nordstream-Pipelines gebaut und Gasspeicher an russische Staatsunternehmen verkauft wurden. Und auch die SPD-geführte Ampelregierung und der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck machten beim Lösen des Problems anschließend teure Fehler, die die Kosten weiter in die Höhe schnellen ließen.

Kritiker warnten vor einer Aufweichung des Klima- und Transformationsfonds

Doch der jetzige Plan, diese von allen Regierungsparteien der vergangenen 25 Jahre verursachten Kosten nicht mehr den Gaskunden, sondern dem Nebenhaushalt des Klima- und Transformationsfonds zuzurechnen, ist genau das, wovor Kritiker immer gewarnt haben: Nach dem Regierungswechsel wird der Zweck des „KTF“ weiter aufgeweicht. 

Die Grünen hatten bei den Verhandlungen zur Schuldenbremse im März CDU, CSU und SPD noch abverhandelt, dass diese auch 100 Milliarden Euro zusätzlich über die nächsten 12 Jahre für den KTF zur Verfügung stellen. Also gute acht Milliarden Euro pro Jahr. Für das jetzt geplante Gesetz wird deren Zustimmung aber nicht mehr benötigt – die ersten vier Milliarden hat Finanzminister jetzt schon verplant. 

Nur: Mit Klimaschutz oder Transformation hat das überhaupt nichts zu tun. Klimaschädliches Gas wird dadurch in den kommenden zwei Jahren etwas billiger, Altschulden werden verschoben. Und zahlen müssen es alle. Für den KTF steht der Steuerzahler gerade, für die teure Gasspeicherbefüllung bislang nur die Gaskunden.

Ein Manöver, das noch einige Kritik auf sich ziehen wird, sollten Klingbeil, Reiche und das Merz-Kabinett daran festhalten. Vor allem für den SPD-Vorsitzenden und Vizekanzler könnte das wenig erwünschte Diskussionen vor dem anstehenden Parteitag bedeuten – auf dem Klingbeil wiedergewählt werden will. Dass seine SPD als Juniorpartner der Merz-Regierung diese Mogelpackung ermöglicht, dürfte für einige Irritationen unter umweltbewussten Sozialdemokraten sorgen.