Des Kaisers Kunstschätze: Wissenswertes zum Deal mit den Hohenzollern

Über Tausende Kunstobjekte stritten die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers jahrzehntelang mit der öffentlichen Hand. Nach einem Durchbruch Anfang Mai fehlt nur noch ein Schritt.

Schon Mitte Mai feierte Kulturstaatsminister Wolfram Weimer einen Durchbruch im Jahrhundertstreit mit dem einstigen Kaiserhaus Hohenzollern über Kunstschätze im Millionenwert. 

Doch noch fehlt ein letzter Schritt: Erst wenn das Kuratorium des Deutschen Historischen Museums an diesem Freitag den Deal billigt, kann er offiziell in Kraft treten. Die beiden anderen betroffenen Kultureinrichtungen haben schon zugestimmt. 

Damit wären endlich die Besitzverhältnisse an Tausenden Kunstwerken, Möbeln, Porzellan und anderen kostbaren Objekten sortiert. Freuen wird das die Besucherinnen und Besucher von Museen in Berlin und Brandenburg, die die Prachtstücke präsentieren. 

Erleichtert zeigen sich auch die beteiligten staatlichen Stellen und die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers, vertreten durch Hohenzollern-Chef Georg Friedrich Prinz von Preußen. Ein jahrzehntelanger Verhandlungskrimi endet. Ein paar Fragen und Antworten zum Thema:

Wer sind die Hohenzollern?

Das Adelsgeschlecht Hohenzollern war lange mächtig und reich. In Preußen stellte es seit dem 18. Jahrhundert die Monarchen und nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 die deutschen Kaiser. Als im November 1918 die Republik ausgerufen wurde, ging der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. ins Exil. Das Vermögen der Hohenzollern wurde beschlagnahmt. 

1926 sollte ein Vertrag Vermögensstreitigkeiten ausräumen. Doch blieben offene Fragen, über die letztlich fast 100 Jahre gestritten wurde. Nach der deutschen Einheit meldeten die Hohenzollern Ansprüche auf Stücke an, die während der sowjetischen Besatzung beziehungsweise zu DDR-Zeiten in Ostdeutschland enteignet wurden.

Worum ging es in diesem Streit?

Im Wesentlichen geht es um Inventar aus Schlössern und Herrenhäusern. „Es handelt sich zum Beispiel um Memorabilien, Möbel, Textilien und Gemälde, aber auch um Bibliotheks- und Archivbestände“, beschrieb die Bundesregierung den Streitgegenstand. Dabei seien Stücke „von erheblichem Wert und historischer Bedeutung“. 

Umstritten war vor allem der einstige Bestand des 1877 eröffneten Hohenzollernmuseums im Schloss Monbijou im heutigen Berlin-Mitte. Es wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt und zu DDR-Zeiten 1959 auf Beschluss des Ost-Berliner Magistrats abgerissen.

Seit wann sucht man nach einer Lösung?

Verhandelt wurde mit Unterbrechungen seit 2014. Die Hohenzollern beriefen sich nach Regierungsangaben auf das sogenannte Ausgleichsleistungsgesetz. Demnach zahlt der Staat unter bestimmten Bedingungen Entschädigungen für „Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage“. „Bewegliche Sachen“ sollen möglichst zurückgegeben werden. 

Zeitweise forderten die Hohenzollern auch ein Wohnrecht auf Schloss Cecilienhof in Potsdam. Verhandlungen darüber lehnte die öffentliche Hand ab. Das Land Brandenburg wollte die Hohenzollern auch nicht entschädigen. 

Es folgten Entschädigungsklagen vor dem Verwaltungsgericht Potsdam. In dem Zusammenhang erörterten Historiker die Rolle der Hohenzollern in der NS-Zeit, insbesondere von Wilhelm Kronprinz von Preußen (1882-1951). Denn laut Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System „erheblichen Vorschub geleistet hat“. 2023 zog die Familie die Klagen zurück. Seit Herbst 2024 saß man wieder am Verhandlungstisch.

Wie sieht die Einigung aus?

Im Ergebnis bleiben nun die meisten umstrittenen Kunstschätze in den Museen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG), der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) und im Deutschen Historischen Museum (DHM). 

Kulturstaatsminister Weimer nannte als besondere Leckerbissen das Bildnis Kurfürst Joachim I. von Brandenburg von Lucas Cranach dem Älteren, die barocken Elfenbeinmöbel des Großen Kurfürsten aus dem Besitz von Johann Moritz von Nassau-Siegen oder das Tafelservice für das 1750 von Friedrich II. erworbene Breslauer Stadtschloss. 

Der Deal ordnet die Besitzverhältnisse. Umstrittene Objekte aus dem früheren Hohenzollernmuseum gehen an eine gemeinnützige „Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz“, in der die öffentliche Hand mehrheitlich das Sagen hat. Allein die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bringt nach eigenen Angaben rechtlich 1.685 Werke in diese neue Stiftung ein.

Zur Einigung gehört, dass Objekte einer sogenannten 19er-Liste mit Kunstwerken von herausragender Bedeutung „eindeutig der öffentlichen Hand zugeordnet“ werden. Dazu zählen etwa die sogenannte Prinzessinnengruppe von Johann Gottfried Schadow oder das Gemälde „Der Tanz“ von Antoine Watteau. 

Das Haus Hohenzollern verzichtet also teilweise auf Besitzansprüche. Dafür werden andere umstrittene Stücke ihrem Eigentum zugeordnet. Das sind Objekte auf einer 2018 für die Verhandlungen zusammengestellten Liste, der sogenannten C-Liste. Auch sieben sogenannte Tabatieren gehen an die Hohenzollern – das sind prächtig verzierte Tabakdosen. 

Was bekommen die Hohenzollern dafür?

Diese sieben Tabatieren sind ein wichtiger Punkt. Vereinbart ist, dass zwei davon als Dauerleihgabe in Museen bleiben. Über fünf der Stücke kann das Haus Hohenzollern also verfügen. Nach einem Bericht des „Spiegel“ liegt der Marktwert bei etwa 20 Millionen Euro und könnte weiter steigen. 

Verfügen können die Hohenzollern auch über die Objekte, die ihnen zugeordnet werden. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gibt nach eigenen Angaben 2.999 Einzelobjekte ab. Darunter sind allein 2.122 Münzen sowie Fächer, Kästchen, Porzellane und anderes. Der Marktwert dieser Stücke wird laut „Spiegel“ auf gut zwei Millionen Euro geschätzt. 

Die Hohenzollern erhalten auch Mitsprache in der neuen gemeinnützigen Stiftung, in der sie künftig drei Sitze im Stiftungsrat haben. Die öffentliche Hand hat jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Rat. 

Wie die Zusammenarbeit laufen soll, ist offen. Ohnehin sind etliche Details unbekannt. Die genauen Listen zur Verteilung der Einzelstücke sind noch nicht veröffentlicht. Auch zum Wert der Gegenstände gibt es keine offiziellen Angaben.