Mehr als 34.000 ausländische Akademiker leben heute in Thüringen. Warum es aus Sicht der Hochschule Nordhausen trotz Fachkräftemangels für manche von ihnen an Perspektiven in Thüringen mangelt.
In Thüringen haben im vergangenen Jahr mehr als dreimal so viele ausländische Akademiker und Akademikerinnen gelebt wie noch zehn Jahre zuvor. Wie aus Angaben des Landesamtes für Statistik hervorgeht, lebten rund 34.000 ausländische Staatsbürger mit Hochschulabschluss im Freistaat. Das entsprach einem Anteil von 1,9 Prozent aller in Thüringen lebenden Menschen ab 15 Jahren. Zehn Jahre zuvor waren es erst 0,6 Prozent gewesen.
Insgesamt hatte 2024 jeder zweite in Thüringen lebende ausländische Staatsbürger mit einem beruflichen Bildungsabschluss einen akademischen Abschluss. Damit lag der Anteil deutlich über dem Thüringer Gesamtdurchschnitt, der in der Vergleichsgruppe bei 19,8 Prozent lag.
Knapp die Hälfte aller im Freistaat lebenden ausländischen Staatsbürger war im selben Zeitraum allerdings auch ohne beruflichen Bildungsabschluss – auch das war deutlich mehr als im Thüringer Gesamtdurchschnitt (15,6 Prozent).
Unter internationalen Akademikern auch Thüringer Absolventen
Knapp 90 Prozent der ausländischen Akademiker sind den Zahlen zufolge auch berufstätig. Unter ihnen sind auch solche, die ihren Abschluss in Thüringen erworben haben, sagt Viktor Wesselak, der Vizepräsident für Forschung und Entwicklung an der Hochschule Nordhausen.
Die Hochschule analysierte die Lebensläufe von 152 Absolventen ihres englischsprachigen Masterstudiengangs „Renewable Energy Systems“. Das Ergebnis: Rund 66 Prozent von ihnen fanden nach dem Abschluss eine Anstellung in Deutschland. In Thüringen blieben rund zehn Prozent der Absolventen, so Wesselak.
Der Studiengang, der Fachkräfte für den Energiesektor ausbildet, konzentriert sich auf Planung, Umsetzung und Betrieb von Systemen, die erneuerbare Energiequellen nutzen. Dass nicht mehr Absolventen in Thüringen blieben, liegt nach Wesselaks Erfahrung daran, dass Thüringen nicht so viele Unternehmen habe, die einen englischsprachigen Studierenden einfach in ihre Betriebsabläufe integrieren könnten.
In größeren Unternehmen der Automobil-, Metall- oder Energieindustrie sei das anders. Dort und damit meist außerhalb Thüringens fänden die Studierenden aus Nordhausen oft die Praxispartner für ihre Masterarbeiten und blieben anschließend auch dort.
Kritik an Debatte über Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer
„Wir bringen den Studierenden Deutsch bei in unserem Studium, selbstverständlich“, so der Vizepräsident für Forschung und Entwicklung. Umgekehrt würde er sich allerdings auch wünschen, „dass mehr auch kleinere Unternehmen sich das mal zutrauen und sich das mal angucken“.
Vor diesem Hintergrund kritisierte Wesselak die zuletzt im Sommer geführte Diskussion über Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer in Thüringen. Solche Gebühren seien „ein Abschreckungsprogramm für die Menschen, für die wir momentan hier eben ein Studienangebot geschaffen haben“.
Über 80 Prozent der Studierenden im englischsprachigen Masterstudiengang in Nordhausen kämen aus Indien und Pakistan. Die Erhebungen der Hochschule zeigten, dass viele von ihnen hier bleiben wollten. „Unsere Untersuchung zeigt, dass wir sie eben nicht für die Welt ausbilden, sondern wir bilden sie genau für uns aus.“
Das CDU-geführte Wissenschaftsministerium sah Argumente für und gegen Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer, die oppositionelle Linke-Fraktion lehnt solche Gebühren strikt ab, die ebenfalls oppositionelle AfD-Fraktion befürwortet die Idee.










