Wegen der Vogelgrippe müssen 15.000 Tiere im Alb-Donau-Kreis gekeult werden – und das Risiko für weitere Ausbrüche steigt laut Experten weiter. Was Geflügelhalter jetzt besonders beunruhigt.
Nach dem Ausbruch der Vogelgrippe in einem Geflügelbestand nördlich von Ulm fürchten Halter, Tierschützer und Behörden weitere Verdachtsfälle bei Nutzgeflügel und anderen Tierarten. Zum einen könnten Vogelzüge und stürmische Wetterlage dazu führen, dass mit dem hochansteckenden Virus befallene Tiere auch länger in Baden-Württemberg rasten. Zum anderen ist unklar, ob der Ausbruch in dem Bestand in Öllingen (Alb-Donau-Kreis) überhaupt etwas mit der bei Kranichen grassierenden Vogelgrippe außerhalb Baden-Württembergs zu tun hat.
Rund 15.000 Tiere aus dem gesperrten Geflügelbetrieb nördlich von Ulm mussten oder müssen nach Angaben des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums getötet werden. Das nachgewiesene Virus aus dem Alb-Donau-Kreis war zuvor durch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bestätigt worden.
Unter Kranichen hat die Ausbreitung der Vogelgrippe nach FLI-Einschätzung ein in Deutschland bislang nicht gekanntes Ausmaß angenommen. Eine Häufung verendeter Tiere, so wie in diesem Herbst, sei bislang noch nicht beobachtet worden, sagte eine Sprecherin des für Tierseuchen zuständigen Bundesinstituts. Auch zahlreiche Geflügelbetriebe in mehreren Bundesländern sind betroffen.
Jüngster Ausbruch unabhängig von Kranichen?
„Ich bezweifle aber, dass Kraniche etwa mit dem Ausbruch im Alb-Donau-Tal zu tun haben“, sagte Stefan Bosch, der NABU-Fachbeauftragte für Vogelschutz. Die Zugvögel folgten zwei klassischen Routen in ihre Überwinterungsgebiete in Südwesteuropa und Nordafrika. Baden-Württemberg liege auf einer Nebenstrecke. „Sie fliegen meistens nur über das Land und pausieren nicht hier, sondern auf einem Platz kurz hinter der französischen Grenze“, sagte Bosch auf Anfrage.
Dennoch hält er auch Fälle von erkrankten Kranichen im Südwesten für möglich: „Noch gibt es hier keinen Vogelgrippe-Nachweis bei Kranichen“, sagt Bosch. „Es ist aber auch nicht unwahrscheinlich, dass bald erste Fälle gemeldet werden.“
Das FLI hatte zuvor bereits den Verdacht auf eine Infektion mit dem hochansteckenden Influenzavirus (HPAIV) des Subtyps H5N1 – umgangssprachlich als Vogelgrippevirus bekannt – bei eingesandten Kranichproben aus mehreren Bundesländern bestätigt. Auch mehrere Geflügelbetriebe in anderen Regionen Deutschlands sind bereits betroffen.
Institut: Bei Kranichen bisher nicht gekanntes Ausmaß
Die Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, ist eine bei vielen Vogel- und Geflügelarten häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit. Für Menschen ist sie nach Einschätzung von Fachleuten nicht gefährlich.
Das FLI hatte bereits vor den jüngsten Fällen gewarnt, dass bald mit einer möglicherweise großflächigen Ausbreitung von HPAIV-Infektionen zu rechnen sei. Betroffen seien inzwischen nicht nur Kraniche, sondern auch andere wilde Wasservögel wie Enten und Gänse. Doch auch Nutzgeflügel wie Legehennen, Mastgänse oder Puten könne das Virus befallen.
Folgen für kommerzielle Tierhalter
Für den Monat Oktober hat das FLI bislang bereits mehr als 15 Ausbrüche in Nutzgeflügel-Haltungen. Besonders folgenschwer waren auch zwei Fälle in Mecklenburg-Vorpommern. Dort mussten nach Angaben des Schweriner Landwirtschaftsministeriums in zwei Großbetrieben mit Legehennen knapp 150.000 Tiere vorsorglich getötet werden. Bereits Mitte Oktober waren im niedersächsischen Landkreis Cloppenburg 20.500 Puten gekeult worden. Den finanziellen Schaden können Halter bei der Tierseuchenkasse geltend machen.
Die derzeit hohe Viruslast bei Wildvögeln erhöhten das Risiko eines Eintrags in Geflügelbestände bundesweit erheblich, heißt es vom FLI. Das Institut schätzt, dass in diesem Herbst bislang mehr als 200.000 Hühner, Gänse, Enten und Puten nach Geflügelpestausbrüchen in den jeweiligen Haltungen getötet und entsorgt wurden, um die Ausbreitung der Seuche einzudämmen. Die Gesamtzahl der seit Jahresbeginn wegen Vogelgrippe getöteten Nutztiere liege jedoch höher, hieß es.
Als Reaktion auf die zunehmende Zahl bestätigter Fälle hat das Friedrich-Loeffler-Institut in seiner aktuellen Bewertung das Risiko weiterer Ausbrüche in Geflügelhaltungen sowie bei Wildvögeln von „mäßig“ auf „hoch“ heraufgestuft.










