Nach einem begrenzten Kinostart ist der Thriller „A House of Dynamite“ jetzt auch auf Netflix verfügbar. Lohnt sich das Streamen?
Viel zu lange acht Jahre sind vergangenen, seit die große US-amerikanische Regisseurin Kathryn Bigelow (73, „The Hurt Locker“) zuletzt einen neuen Film vorgelegt hat. Mit „A House of Dynamite“, der am 24. Oktober auf Netflix startet, hat sich Bigelow jetzt auf eine ihrer größten Stärken zurückbesonnen. Der Nuklear-Thriller bietet atemlose Spannung bis zur letzten Sekunde. Den stargespickten Ensemble-Cast von „A House of Dynamite“ führen Idris Elba (53) als namentlich nicht genannter, noch ein wenig unerfahrener US-Präsident und Rebecca Ferguson (41) als Offizierin im Weißen Haus an.
Darum geht es in „A House of Dynamite“
In Fort Greely in Alaska bemerken Major Daniel Gonzalez (33, Anthony Ramos) und sein Team den Start einer Interkontinentalrakete in Ostasien. Zunächst wird angenommen, dass es sich lediglich um einen ungefährlichen Test handelt, etwa von Nordkorea. Routiniert und besonnen reagieren Captain Olivia Walker (Ferguson) und ihr Vorgesetzter Admiral Mark Miller (56, Jason Clarke) im Lagezentrum des Weißen Hauses, dem sogenannten Situation Room.
Doch als die wohl mit einem Atomsprengkopf bestückte Rakete immer größere Höhen erreicht und Kurs auf den Mittleren Westen der USA nimmt, schrillen die Alarmglocken. Es wird klar, dass sowohl die Vernichtung einer US-Großstadt als auch ein Atomkrieg im Bereich des Möglichen liegen.
Eine Vielzahl kompetenter US-Militärs und Regierungsmitarbeiter wie Verteidigungsminister Reid Baker (64, „Chernobyl“-Star Jared Harris), der Stellvertretende Nationale Sicherheitsberater Jake Baerington (30, Gabriel Basso) oder der erfahrene General Anthony Brady (60. Tracy Letts) versuchen an ihren Wirkungsstätten auf die schockierende Situation zu reagieren, den Raketenangriff abzuwehren, Informationen über den Gegner zu sammeln und möglicherweise auch einen atomaren Gegenschlag in die Wege zu leiten. Dabei beginnt ein atemloser Wettlauf gegen die Zeit, bis das Geschoss sein Ziel erreicht und Millionen Menschen mit einem Schlag ausgelöscht werden könnten.
Atemlose Spannung bis zur letzten Sekunde
Nur 18 Minuten bleiben den Protagonisten in „A House of Dynamite“ bis zum Einschlag der Atomrakete. Jenen Zeitraum, in der sich die Verzweiflung von Minute zu Minute steigert, wiederholt Regisseurin Bigelow in ihrem elegant konstruierten Thriller gleich dreimal. Aus verschiedenen Perspektiven wie der realen Militärbasis Fort Greely in Alaska, dem Weißen Haus oder militärischen Kommandozentralen wird die spannungsgeladene Geschichte beinahe in Echtzeit erzählt, wobei sich im zweiten und dritten Durchlauf Situationen und eindringliche Sätze oftmals aus einer anderen Perspektive wiederholen, was paradoxerweise nur dazu beiträgt, die Spannung weiter zu erhöhen.
Für Kathryn Bigelow stellt „A House of Dynamite“ einen eher ungewöhnlichen Film dar. Ist sie doch meisterhaft im Inszenieren von Action- und Kriegsszenen und generell eine Filmemacherin der Kinetik und Bewegung. Und auch ihr neuer Nuklear-Thriller weiß auf ganzer Linie zu überzeugen und bietet stellenweise geradezu unerträgliche, apokalyptische Spannung, obwohl sich die Figuren zu großen Teilen lediglich in Kommandozentralen aufhalten, in denen Schreibtische, Telefone und Bildschirme überwiegen, dort miteinander sprechen, Computerprogramme bedienen und Daten auswerten.
Schafft „A House of Dynamite“ ein neues Bewusstsein für die atomare Bedrohung?
Das liegt auch am hohen Grad des Realismus von „A House of Dynamite“. Die verschiedenen Schauplätze des Netflix-Films wie das Weiße Haus, das Innere der gepanzerten Präsidentenlimousine „The Beast“ oder das Cockpit eines B-2 strategischen Bombers wirken, als hätten Bigelow und ihr Team an den realen Orten gedreht.
Unterstützt wird dieser Realismus durch das Drehbuch des früheren politischen Journalisten Noah Oppenheim (47), der sich ganz offenbar exzellent mit der US-Politik und den typischen Charakteren, die sie bevölkern, auskennt. Leichte Kost ist „A House of Dynamite“ dabei zu keiner Zeit, wirft der Film doch erschreckende Fragen über die mögliche, beinahe totale Auslöschung der Menschheit oder zumindest einiger Länder im Falle eines Atomkriegs auf. Nach dem Ende des Kalten Krieges schien dieses apokalyptische Szenario zunehmend unwahrscheinlich zu werden. Bigelows Film dürfte es jetzt in das Bewusstsein seiner Zuschauerinnen und Zuschauer zurückrufen.










