Der vor gut einem Monat aus der Strafhaft entlassene deutsche Verdächtige im Fall des 2007 in Portugal verschwundenen britischen Mädchens Madeleine „Maddie“ McCann lebt nach einem „Spiegel“-Bericht inzwischen als Obdachloser im schleswig-holsteinischen Kiel. Das bestätigten Christian B. und dessen Rechtsanwälte dem Reportern des Magazins nach Angaben vom Donnerstag.
Demnach wurde B. von den Behörden beziehungsweise seinen Rechtsanwälten zunächst zeitweise in einer Wohnung in Neumünster und einem Hotel in Kiel einquartiert. Nach „Spiegel“-Angaben wurde dies allerdings publik und sorgte für Unruhe und Bedrohungen unter anderem in sozialen Netzwerken. Am Ende weigerten sich Hotels, den rund um die Uhr von zwei Polizisten bewachten B. weiter zu beherbergen. „Ich bin jetzt obdachlos“, sagte B. dem „Spiegel“. Demnach lebt er derzeit in einem Zelt in einer Grünanlage.
Mitte September wurde der wegen Sexualdelikten mehrfach vorbestrafte 48-Jährige aus einem Gefängnis in Niedersachsen entlassen, in dem er eine mehrjährige Haftstrafe wegen einer Vergewaltigung im Jahr 2005 absaß. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig stuft B. als Verdächtigen im Fall des Verschwindens von Maddie ein. Entsprechende Ermittlungen gegen ihn gab sie schon 2020 bekannt. Anklage erhob sie deshalb bisher nicht.
Grundsätzlich ist B. nach seiner Haftentlassung ein freier Mann. Nach Behördenangaben gelten für ihn jedoch gerichtliche Auflagen. Er muss im Rahmen der Führungsaufsicht unter anderem eine elektronische Fußfessel tragen, damit die Polizei ständig seinen Aufenthaltsort ermitteln kann.
Nach Einschätzung eines psychiatrischen Gutachters, der B. vor Gericht beurteilte, besteht die Gefahr weiterer Sexualstraftaten. Er stufte ihn als hochgefährlich ein. Es gibt aber keine rechtliche Handhabe etwa für freiheitsentziehende Maßnahmen. Laut „Spiegel“ wird B. zusätzlich zur elektronischen Fußfessel permanent von zwei Polizisten überwacht. Die Beamten sollen offiziell unter anderem auch Angriffe auf ihn verhindern.
B. lebte deutschen Ermittlern zufolge früher zeitweise in Portugal, um dort Gelegenheitsjobs nachzugehen sowie Einbrüche zu begehen. Er wohnte früher außerdem unter anderem in Braunschweig, deshalb war die Justiz in Niedersachsen für ihn zuständig. Auch in Schleswig-Holstein hielt er sich in der Vergangenheit auf. Zudem hat einer seiner Verteidiger seinen Sitz in Kiel.
Als Verdächtiger im Fall Maddie steht B. schon seit langem im Interesse von Medien. Laut „Spiegel“ gab er in Kiel auch schon Journalisten aus Großbritannien ein Interview. Maddie war am 3. Mai 2007 kurz vor ihrem vierten Geburtstag aus der Ferienwohnung in einer Ferienanlage in Praia da Luz in Portugal verschwunden, während ihre Eltern in einem nahen Restaurant aßen. Trotz jahrelanger Suche fehlt von ihr bisher jede Spur.