Ein Mädchen verschwindet aus dem Heim und wird kurz darauf tot aufgefunden. Ein „Tatort“ über schwierige Entscheidungen, verletzte Kinderseelen und ein System am Limit.
Worum geht’s in diesem „Tatort“ aus Dresden?
Zu Beginn dieses „Tatorts“ türmt die 16-jährige Lilly-Marie zusammen mit ihrem Freund Pascal aus dem Jugendheim. Als Lillys Leiche am nächsten Morgen tot in einem See gefunden wird, konzentriert sich die Tätersuche auf den ein Jahr älteren Pascal. Die Kommissare Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) nehmen auch das Heim unter die Lupe: Geschieht hier alles nach Recht und Ordnung? Und was ist mit dem Jugendpsychiater Lukas Brückner (Hanno Koffler), der starke Medikamente verordnet? Während nach Pascal gefahndet wird, wird der zuständige Abteilungsleiter im Jugendamt tot aufgefunden.
Warum lohnt sich „Siebenschläfer“?
Es ist allgemeiner Konsens, dass Kinder in ihre Familien gehören und der Staat sich da nicht einzumischen hat. Doch was, wenn das Kind unter menschenunwürdigen Bedingungen aufwächst? „Eine Familie kann auch eine Hölle sein“, heißt es in diesem Film an einer Stelle. Jugendämter stehen täglich vor schwierigen Entscheidungen – die fast immer auf Kritik stoßen: „Nehmen wir ein Kind aus seiner Familie, sind wir schuld. Nehmen ein Kind nicht aus der Familie und ihm stößt etwas zu, sind wir auch schuld“, bringt es der Leiter des Jugendamtes auf den Punkt.
Der „Tatort: Siebenschläfer“ (Buch: Silke Zertz und Frauke Hunfeld, Regie: Thomas Sieben) führt den Zuschauer an diese Schnittstelle, an der Menschen diese schwierigen Entscheidungen treffen. Es sind nicht nur die Jugendämter: Auch Kinderpsychiachter und Heime müssen die angemessenen Therapien und Umgangsweisen mit den Jugendlichen finden. „Wir stehen hier jeden Tag an der Front und kümmern uns um das, was die Welt da draußen nicht sehen will“, sagt die Heimleiterin zu Kommiissar Schnabel. Der erwidert trocken: „Wir auch.“
Was stört?
Das Thema ist bewegend, doch ein packender Kriminalfall will daraus nicht entstehen, denn es fehlen die alternativen Verdächtigen zum Mitraten. Dass es der als offensichtlicher Täter präsentierte Heimjunge Pascal am Ende nicht sein wird, ahnt der Zuschauer schon sehr früh. Die Aufklärung wird dann im letzten Viertel etwas überraschend durchgeführt. Da wäre etwas mehr Raffinesse bei der Konstruktion wünschenswert gewesen.
Die Kommissare?
Nach dem Ausstieg der von der charismatischen Karin Hanczewski gespielten Kommissarin Karin Gorniak hat sich der MDR dazu entschlossen, die Rolle nicht nachzubesetzen, sondern zu zweit weiterzumachen. Eine gute Entscheidung, was vor allem an dem von Martin Brambach verkörperten Peter Michael Schnabel liegt: Der tritt nun stärker in den Vordergrund als das bislang der Fall war. In der aktuellen Folge ist er zudem auch persönlich stark involviert: Schnabel war als Kind selbst eine Zeitlang im Heim.
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