Die AfD muss aus ihrer Bundesgeschäftsstelle in Berlin ausziehen. Angeblich hat sie eine neue Immobilie im Zentrum der Hauptstadt gefunden. Doch gekauft ist noch nichts.
Zur politischen Rhetorik gehört zuweilen, aus einem halbgaren Erfolg einen glorreichen Sieg zu basteln. Diese Regel gilt unbedingt auch für die AfD.
„Das Gericht hat unsere Rechtsauffassung wie erwartet bestätigt“, jubilierte also Bundesparteivize Kay Gottschalk am Freitag per Pressemitteilung. „Wir begrüßen die Entscheidung ausdrücklich“, ergänzte Bundesschatzmeister Carsten Hütter.
Zuvor das Landgericht Berlin geurteilt, dass die Partei den größten Teil ihrer Bundesgeschäftsstelle in der Hauptstadt bis zum Herbst 2026 räumen muss – und dies, obwohl die Mietverträge noch bis Ende 2027 liefen. Gleichzeitig wurde aber die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen.
Das heißt: Die Partei hat sich erfolgreich gegen die fristlose Kündigung gewehrt. Sie wird nicht sofort obdachlos. Dennoch bleibt ihr nur noch ein Jahr Zeit, um sich und ihre mehr als 50 Mitarbeiter eine neue Unterkunft zu suchen.
Oder hat sie gar schon eine? „Im kommenden Jahr werden wir als Eigentümer unsere neue Immobilie beziehen und als Geschäftsstelle geografisch und strukturell besser aufgestellt sein als jemals zuvor“, teilte Hütter mit.
Das klingt äußerst selbstgewiss. Doch gekauft hat die Partei nach Informationen des stern noch nichts. Eine Arbeitsgruppe des Bundesvorstandes befinde sich in Kaufverhandlungen mit mehreren Anbietern, hieß es. Alle infrage kommenden Immobilien lägen diesmal im Zentrum der Hauptstadt.
Es wird sehr, sehr teuer für die AfD
Das hat Folgen. Auch wenn die neue Repräsentanz noch nicht gefunden wurde, ist eines gewiss: Sie wird sehr, sehr teuer. In der Partei ist von einem zweistelligen Millionenbetrag die Rede.
Bislang war die AfD, die immerhin die zweitgrößte Fraktion im Bundestag stellt, zur Miete in einem gesichtslosen Bürogebäude in Berlin-Reinickendorf untergebracht. Vom Bundestag braucht man dorthin je nach Verkehrsmittel und -lage eine halbe Stunde oder mehr.
Auch deshalb suchte etwa AfD-Chefin Alice Weidel das Domizil an der Peripherie nur ungern auf. Doch ein anderes, besser gelegenes Mietobjekt konnte die Partei bisher nicht in der Hauptstadt finden. Und für einen Kauf hatte ihr schlicht das Geld gefehlt.
Doch das ist nun anders. Neben immer größeren Spenden erhält die Partei dank ihrer Wahlerfolge so viel Steuergeld wie nie zuvor. Für jeden Wähler steht ihr vom Staat etwa ein Euro an Rückerstattung zu. Und allein bei der Bundestagswahl im Februar kam die Partei auf gut 10 Millionen Stimmen.
Streitfall Wahlparty
Die Bundestagswahl war es allerdings auch, die der Partei ihr Wohnungsproblem bescherte. Am Wahlabend hatte die AfD das Gebäude in Reinickendorf absperren lassen, um möglichst ungestört eine große Party feiern zu können, mit lauter Musik und rauchenden Großgrills im Innenhof.
Genau damit habe die AfD gegen Vertragspflichten verstoßen, urteilte jetzt das Landgericht Berlin nach einer Klage des Vermieters. Deshalb müsse die Partei ausziehen, nur eben nicht fristlos – wobei auch hier noch nicht die endgültige Entscheidung gefallen ist. Denn es kann Berufung eingelegt werden – und der klagende Eigentümer lässt diese Möglichkeit vorläufig offen. Er werde sich erst nach Eingang der Urteilsbegründung dazu äußern, teilte er mit.
So oder so steht die AfD unter enormen Druck. Denn sie muss nicht nur binnen Jahresfrist eine teure Immobilie gekauft haben. Sie muss auch dort eingezogen sein.
Die Geschäftsstelle wird Proteste anziehen
Ihre Verhandlungsposition dürfte das nicht verbessern. Hinzu kommt: Sie ist eben keine normale Partei, sondern eine in Teilen rechtsextreme Organisation, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Der Verkäufer einer Immobilie an die AfD muss daher mit größeren Imageproblemen rechnen. Gleichzeitig dürfte nicht nur die neue Geschäftsstelle, sondern auch die gesamte Nachbarschaft zum permanenten Ziel von Protesten werden. Die Polizei hätte wohl deutlich mehr zu tun als in der Reinickendorfer Randlage.
Am Ende könnte aus dem selbsterklärten Sieg der Partei doch noch eine Blamage werden. Oder, es ist ja die AfD: eine besonders große Opfergeschichte.