Alle Welt diskutiert über Jimmy Kimmel. Dabei hat Greg Gutfeld deutlich mehr Zuschauer. Wer ist der rechte Talker, der für Fox News Traumquoten einfährt?
Rausschmeißen. Absetzen. Letzte Warnung! Oder besser: RAUSSCHMEISSEN. ABSETZEN. LETZTE WARNUNG! Über 40.000 Herzen sind Gavin Newsom für seinen Twitter-Post am 18. September zugeflogen. Der kalifornische Gouverneur hat den ominösen Trump-Stil in den Sozialen Medien mittlerweile perfektioniert. Mit den eigenen Waffen schlagen, das ist das Prinzip. In diesem Falle heißt es: Großbuchstaben, Ausrufezeichen, auf den Putz hauen. Doch um wen ging es da eigentlich, wen will Newsom, seit 2019 Gouverneur von Kalifornien, absägen, am besten sofort?
Es geht um einen der erfolgreichsten Köpfe bei Fox News, Greg Gutfeld – Gastgeber der Late-Night-Show „Gutfeld!“ und Panel-Mitglied beim Polit-Talk „The Five“. Gouverneur Newsoms Vorwurf an Gutfeld, ähnlich schlicht wie der von Trump an Kimmel: Gutfeld ist nicht komisch. Gutfeld hat es einfach nicht drauf. Und er braucht Lacher vom Band. Die logische Konsequenz: Der Typ muss weg.
Dabei gäbe es, Newsom weiß das natürlich, eine Menge mehr, was man Gutfeld vor die Füße werfen könnte. Im kalifornischen San Mateo geboren, am 12. September 1964, war der selbsterklärte Libertäre nach seinem Englisch-Studium in Berkeley für die Magazine „Men‘s Health“ und „Maxim“ tätig. In den Nullerjahren lebte er einige Zeit in Großbritannien, wo er auch seine Frau, die russische Foto-Journalistin Elena Moussa, kennenlernte.
Nachdem er in den Anfangsjahren für die „Huffington Post“ kommentierte, begann 2007 seine Fernsehkarriere mit der Late-Night-Talk-Show „Red Eye“, die er acht Jahre lang hostete. 2015 startete er „The Greg Gutfeld Show“, heute „Gutfeld!“ – mit Ausrufezeichen natürlich – die sich Anfang der 2020er zur Reichweiten-stärksten Talkshow in den Staaten entwickelte. Die Branchen-Website „Mediaite“ platzierte Gutfeld 2021 unter den einflussreichsten Persönlichkeiten auf Platz 12.
So wurde Greg Gutfeld zum einflussreichen Late-Night-Talker
Wie er das geschafft hat? Auf den ersten Blick nicht so leicht zu beantworten. Die Kulisse seiner Show sieht aus, als hätte man sich in einen 90er-Jahre-Nachmittagstalk bei den Privaten verirrt. Gutfeld, ein hemdsärmeliger Typ mit Acht-Dollar-Haarschnitt, in Poloshirts aus der Warenschütte mit den Resten vom Vorjahr.
Vielleicht ist das sein Geheimnis: Gutfeld, der Typ von nebenan, der endlich mal sagt, wie es ist. Der konstante Demokraten-Schelte in Kalauer verpackt, in seiner Rubrik mit den „liegengebliebenen Headlines“ auch noch die platteste Schnurre verbaut und schon mal mit Becker-Faust selbst am lautesten belacht – und das Ganze dann, mir nichts, dir nichts, in einen Monolog aus MAGA-Land übergehen lässt. Eine Art „Wort zum Sonntag“ auf Rechtsaußen-Art: die Linken, die Antifa, Kamala Harris und Joe Biden, Colbert, Kimmel und den Rest der Bande – alle in einen Sack und eins drauf geben. In Gutfelds Welt trifft es da immer die Richtigen.
Mal sind die Lacher echt, mal womöglich vom Band, wie Gouverneur Newsom beklagt. Manchmal jedoch haut Gutfeld so auf die – Verzeihung – televisionäre Kacke, dass Zu-Kreuze-kriechen angesagt ist. Zumindest nach außen hin.
So geschehen, als er darüber referierte, dass sich jüdische KZ-Häftlinge mit besonderen Talenten bessere Überlebenschancen während des Holocaust erschlichen hätten. Als er 2022 mutmaßte, die Medien würden die Kriegssituation in der Ukraine aufbauschen. Als er 2009 der kanadischen Armee vorwarf, sich mehr für Yoga und Landschaftsmalerei zu interessieren, als ihr Land zu verteidigen, unmittelbar vor einer Trauerveranstaltung für kanadische Soldaten, die in Afghanistan ums Leben gekommen waren. Oder im vergangenen Sommer, als er sich dafür aussprach, man solle es doch machen wie die schwarze Bevölkerung mit dem N-Wort und das Schimpfwort des Nazi einfach adaptieren.
Die Mechanismen im Nachgang sind überall gleich, ob in den USA oder hierzulande auf Rechtsaußen: Das Unaussprechliche aussprechen, anschließend widersprechen, zurückrudern. Alles nicht so gemeint, falsch verstanden oder zitiert, und dennoch: Die Worte sind in der Welt und sie bleiben dort.
Und während Jimmy Kimmel sich jetzt auf dem Bildschirm zurückmeldete, lief es bei Gutfeld vergleichsweise ruhig. Es gab Scherze über das Hörgerät von Joe Biden. Über die UN-Vollversammlung, die vor allem fürs Geschäft der New Yorker Prostituierten gut sei. Über die Angst des französischen Präsidenten vor der rechten Geraden seiner Ehefrau. Und natürlich über den wiederauferstandenen Widersacher: „Jimmy Kimmel ist zurück. Und ich dachte, Folter sei in Amerika verboten“, so Gutfeld.
Wobei man wieder bei Newsom wäre: Lustig ist das nicht so wirklich. Ob es zum Absetzen reicht? EHER NICHT!