Recycelte Flaschen für Haushaltsreiniger vollständig aus Altplastik aus dem Gelben Sack zu produzieren, ist möglich. Das kostet aber mehr. Reichen Vorgaben und Unterstützung für Industrie und Handel?
Müssen Verpackungen aus recyceltem Material ein wenig schmuddelig aussehen, nicht so gut funktionieren und noch dazu teuer sein? „Klischees aus den 1990ern“, sagt dazu Reinhard Schneider, der Chef des Mainzer Mittelständlers Werner & Mertz, der für die Öko-Marke Frosch steht. Die Flaschen der Haushaltsreiniger bestehen schon vollständig aus Altplastik aus dem Gelben Sack. Doch Verbraucher- und Umweltschützer sehen die Möglichkeiten bei der Vermeidung von Plastikmüll bei Unternehmen und Handel bei weitem nicht ausgereizt. Sie fordern klare und verbindliche Vorgaben.
Kunststoffabfälle in hochwertige Rezyklate für Verpackungen umzuwandeln, sei technisch möglich, koste aber mehr, als neuen Kunststoff aus Erdöl herzustellen, sagt Philip Heldt, der bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen für Ressourcenschutz zuständig ist. Für die Unternehmen sei es daher nicht attraktiv, große Mengen Rezyklatkunststoff zu verwenden.
Verbraucherschützer und BUND fordern Konsequenzen
Der Verbraucherschützer verweist wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) auf das bestehende Verpackungsgesetz. Es regelt unter anderem, dass Verpackungen so konzipiert sein müssen, dass sie wiederaufbereitet oder recycelt werden können. Bei Missachtung gebe es aber nicht ausreichend Druck oder Bußgelder, kritisieren der Verbraucherschützer und BUND-Experte Rolf Buschmann. Der Umweltschützer verweist auf den Getränkebereich, bei dem sich ein Mehrwegsystem etabliert hat. Damit könnte auch im Bereich der Reinigungsmittel gearbeitet werden.
Verband für Kreislaufwirtschaft will klare Vorgaben
Viele Handelsunternehmen und Hersteller hätten zwar bereits eigene Initiativen zur Vermeidung von Plastikmüll ins Leben gerufen, erklärt die Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), Anja Siegesmund. „Doch freiwilliges Engagement allein reicht nicht aus, um die Plastikflut zu stoppen.“ Weltweit gebe es jährlich über 400 Millionen Tonnen Plastikproduktion – bei einer Recyclingquote von nur zehn Prozent.
Es müsse klare und verbindliche Vorgaben für alle Akteure geben: vom recyclinggerechten Design über eine erweiterte Herstellerverantwortung bis hin zu Mindestquoten für Rezyklat-Einsatz in Verpackungen. Für Verbraucher bedeute mehr Rezyklat im Produkt zwar leichte Preissteigerungen. Dem stehe aber ein großer Umwelt- und Klimanutzen gegenüber.
Recyclingstrategie seit 2012
Werner & Mertz verfolgt seit rund 13 Jahren die Strategie, in der Produktion recyceltes Altplastik für die Verpackungen einzusetzen. Mittlerweile 15 verschiedenen Warengruppen auch im Bereich Kosmetik und Pflegemitteln hat das Unternehmen, berichtet der Geschäftsführende Gesellschafter.
„Dabei muss die Qualität stimmen. Es geht nicht, dass Nachhaltigkeit auf Kosten von Qualität läuft.“ Fast 100 Millionen Euro hat das Unternehmen in den vergangenen sieben Jahren in den Standort Mainz investiert und damit die Kapazitäten verdoppelt. 2024 wurde mit 611 Millionen Euro der höchste Umsatz in der Unternehmensgeschichte eingefahren.
Mehr Marge durch Vertriebskooperation
Durch die jüngst begonnene Kooperation mit der Schwarz-Gruppe und deren Handelskette Lidl rechnet sich der Mittelständler nun mehr Marge aus: Nach Umfragen kauften rund sieben Prozent aller Deutschen ihre ökologischen Produkte nur bei Lidl, berichtet der Manager. Die Frosch-Produkte sind etwa fünf bis zehn Prozent teurer als Angebote von Wettbewerbern.
In die Zusammenarbeit spielt auch hinein, dass Werner & Mertz mit dem zur Schwarz-Gruppe gehörenden Umweltdienstleister Prezero kooperiert. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Kunststoffabfälle in hochwertige Rezyklate umzuwandeln. Aus diesen Rezyklaten werden dann die Verpackungen hergestellt, die das Mainzer Unternehmen verwendet.
Schlecht recyclebare Verpackungen
Die Schwarz-Gruppe setzt nach eigenen Angaben auf die Kreislaufwirtschaft und hat im vergangenen Jahr vom gruppenweiten Gesamtabfall 88,6 Prozent recycelt, wiederverwendet, vergärt, kompostiert oder als Tierfutter eingesetzt. Auch große Konzerne wie Henkel, Procter & Gamble und Unilever erhöhen Schritt für Schritt die Wiederverwertbarkeit und den Anteil an recyceltem Kunststoff für die Verpackungen.
Nach Angaben des Gesamtverbands Kunststoffverarbeitende Industrie ist der Verpackungsverbrauch in Deutschland zuletzt zurückgegangen. Das schließe den Verbrauch an Kunststoffverpackungen ein. Zugleich habe sich die werkstoffliche Recyclingquote von Kunststoffverpackungen stark verbessert. Sorge bei der Nachhaltigkeit bereitete aber zuletzt die eher zunehmende Mengen an schlecht oder nicht rezyklierbarer Verpackung.
Nicht ausreichende Vorsortierung der Kunststoffabfälle
Noch immer würden zu viele Kunststoffabfälle nicht recycelt. Jedes Jahr landen nach Angaben des Verbands etwa in Deutschland eine Million Tonnen Kunststoffabfälle im Haushaltsrestmüll und seien damit für das Recycling weitaus überwiegend verloren. Die Kommunen seien gefordert, für eine durchgehende Vorsortierung der Kunststoffabfälle zu sorgen. Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA sollte zudem mehr sichere Verfahren zur Herstellung von Rezyklaten in Lebensmittelverpackungen zulassen.
Handelsverband registriert gestiegenes Bewusstsein
Der Handelsverband sieht derweil das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und damit auch die Nachfrage nach nachhaltigen Waren bei den Kundinnen und Kunden enorm gestiegen. Mittlerweile spiele nicht mehr nur der Preis die Hauptrolle bei Kaufentscheidungen, sondern auch die Produktionsbedingungen der Waren und ihr Einfluss auf die Umwelt sowie die Gesundheit.