Kabinett beschließt Senkung der Stromsteuer und Netzkostenzuschuss

Bei den hohen Energiepreisen in Deutschland soll es künftig dank einer Absenkung der Stromsteuer und durch Zuschüsse bei den Übertragungsnetzentgelten eine spürbare Entlastung geben. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sprach nach einem entsprechenden Kabinettsbeschluss der schwarz-roten Koalition am Mittwoch in Berlin von „guten Nachrichten für die Stromkunden“. Wirtschaftsverbände und Verbraucherschützer kritisierten die Entlastungen hingegen als zu gering und nicht weitreichend genug.

Die vom Kabinett beschlossene Absenkung der Stromsteuer auf den EU-Mindeststeuersatz gilt nach Angaben der Bundesregierung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft. Damit sollen mehr als 600.000 Unternehmen entlastet werden – „von der Schreinerei bis zum Industrieunternehmen“, wie Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) erklärte. Für 2026 sind dabei nach Angaben von Finanz- und Wirtschaftsministerium Steuermindereinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro eingeplant, ab 2027 dann in Höhe von drei Milliarden Euro jährlich.

Für den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten sind ab 2026 nach Angaben der beiden Ministerien 6,5 Milliarden Euro pro Jahr aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) eingeplant, die sich in den kommenden vier Jahren auf insgesamt 26 Milliarden Euro summieren. Zugute kommen soll dies allen Verbrauchern und Unternehmen, „insbesondere auch den vielen mittelständischen Unternehmen“.

Entlastet werden demnach besonders die Haushalte, „die von den Kosten des Ausbaus des Übertragungsnetzes besonders betroffen sind“, erklärten die Ministerien weiter. Wirtschaftsministerin Reiche sagte bei einer Pressekonferenz in Berlin, dass laut einer Überschlagsrechnung die Belastungen für Haushalte dadurch um „durchschnittlich zwei Cent, im Idealfall um 2,4 Cent die Kilowattstunde“ sinken.

Zusätzlich dazu soll die bereits beschlossene Abschaffung der Gasspeicherumlage Familien um rund 50 Euro im Jahr entlasten, wie die Ministerien weiter erläuterten. Dazu wird zunächst das Gasspeicherumlagenkonto Ende 2025 mit 3,4 Milliarden Euro aus dem KTF ausgeglichen. Ab 2026 wird die Umlage nicht mehr erhoben.

Während die Gewerkschaft IG Metall die Senkung der Stromsteuer und der Netzentgelte am Mittwoch insbesondere mit Blick auf die energieintensive Industrie als „wichtiges Signal“ begrüßte, das gleichwohl nur ein „allererster Schritt“ sein dürfe, gab es aus der Wirtschaft verbreitet Kritik am Kabinettsbeschluss. So bemängelte etwa der Verband der Automobilindustrie (VDA), dass die Probleme „leider nur unzureichend“ angegangen würden. Schwarz-Rot müsse „dringend nachbessern“ und die Stromsteuer wie im Koalitionsvertrag vereinbart „für alle Unternehmen und Verbraucher“ absenken.

Kritik äußerte auch der Digitalverband Bitkom: „Telekommunikationsnetze und Rechenzentren sind das Rückgrat der Digitalisierung“, erklärte Verbandspräsident Ralf Wintergerst. „Sie von den Entlastungen bei der Stromsteuer auszuschließen, konterkariert das Ziel, digitale Souveränität zu stärken, Schlüsseltechnologien wie Cloud und KI zu fördern und von den USA und China unabhängiger zu werden.“

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte, dass die geplanten Zuschüsse bei den Übertragungsnetzentgelten den Menschen in Deutschland „nicht die versprochene spürbare Entlastung bei den Stromkosten bringen“ würden. „In manchen Regionen werden Verbraucherinnen und Verbraucher von den Zuschüssen kaum etwas im Geldbeutel merken“, sagte vzbv-Vorständin Ramona Pop der „Rheinischen Post“.

Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wird der Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten nicht gleichmäßig bei allen Stromkundinnen und -kunden ankommen. Wie stark ein Haushalt, ein Gewerbe oder ein Industrieunternehmen von einer Absenkung der Übertragungsnetzentgelte profitiere, sei „regional sehr unterschiedlich“, erklärte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. Abhängig sei dies unter anderem davon, wie viel Strom im jeweiligen Verteilnetz aus dem Übertragungsnetz entnommen wird und wie die Kundenstruktur der Region ist.

Damit eine Entlastung zum Januar 2026 bei den Kundinnen und Kunden ankommt, ist es laut BDEW zudem wichtig, dass die notwendigen gesetzlichen Beschlüsse bis zum 10. Oktober gefasst werden. Dafür sei eine parlamentarische Fristverkürzung nötig – nur dann könnten die Netzbetreiber den Zuschuss rechtzeitig für die Ermittlung der Netzentgelte berücksichtigen, die dann entsprechend in die Endkundenpreise der Energieversorger einfließen.