Eine jesidische Familie, die in Brandenburg gut integriert ist, wird in den Irak abgeschoben. Ein Gericht hält die Abschiebung für rechtmäßig. Kann die Familie dennoch nach Deutschland zurückkehren?
Nach einer Gerichtsentscheidung sieht die Brandenburger Landesregierung keine Möglichkeit mehr, eine in den Irak abgeschobene jesidische Familie zurückzuholen. „Für eine Rückholung der Familie in das Bundesgebiet fehlt es an einer Rechtsgrundlage“, teilte Innenminister René Wilke (parteilos) in einer Antwort auf eine Anfrage der CDU im Landtag mit. Da das Verwaltungsgericht Potsdam festgestellt habe, dass die Abschiebung rechtmäßig war, hätten keine konkreten Schritte zu einer Rückholung eingeleitet werden können.
Die Familie mit vier minderjährigen Kindern hatte mehrere Jahre in Lychen in der Uckermark gewohnt. Sie war am 22. Juli in den Irak abgeschoben worden. Am selben Tag hob das Verwaltungsgericht Potsdam wegen eines Eilantrags zwar die Ausreisepflicht der Familie auf, doch die Abschiebung lief da bereits. Der Fall sorgte über Brandenburg hinaus für Schlagzeilen. Wilke hatte angekündigt, er wolle die Familie in Abstimmung mit dem Bund zügig zurückholen. Voraussetzung sei eine entsprechende juristische Grundlage.
Innenministerium verteidigt Vorgehen der Behörden
Die Familie wurde ab Mai 2023 durch die Ausländerbehörde des Landkreises Uckermark geduldet, wie das Innenministerium erklärte. Die Duldung sei jeweils für drei Monate erteilt worden mit der Bedingung, dass sie mit dem Abschiebe- oder Ausreisetermin aufgelöst sei. Im Februar 2024 habe die Familie eine Beratung über Hilfsangebote zur freiwilligen Ausreise endgültig abgelehnt mit der Begründung, sie wolle Deutschland nicht freiwillig verlassen.
Mit der Abschiebungsandrohung vom Mai 2023 sei der Familie bekannt gewesen, dass eine Rückführung spätestens mit der Erteilung der Reisedokumente durch die irakische Botschaft jederzeit hätte stattfinden können, heißt es in der Antwort. „Darauf wurde bei jeder Duldungsverlängerung explizit hingewiesen.“
Gericht hält Abschiebung für rechtmäßig
Die Familie hatte rund zwei Jahre lang vergeblich versucht, sich vor Gericht gegen die Ablehnung ihres Asylantrags zu wehren. Ende Juli wies das Potsdamer Verwaltungsgericht ihre Klage gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unbegründet ab. Seit Mai 2023 war sie laut Innenministerium vollziehbar ausreisepflichtig.
Das Verwaltungsgericht lehnte es im August im Eilverfahren ab, Deutschland zu einer Rückholung zu verpflichten. Das Gericht ging anders als die Familie nicht davon aus, dass die Abschiebung rechtswidrig war, und sah keine beachtliche individuelle Bedrohung wie Verfolgung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Kreisausländerbehörde meldete Rückführung 2024
Die Ausländerbehörde der Uckermark meldete die Rückführung der Familie im Februar 2024 laut Innenministerium an die Zentrale Ausländerbehörde Brandenburgs. Die Meldung zur Sammelabschiebung erfolgte von der Zentralen Ausländerbehörde nach dem Erhalt von Passersatzpapieren Mitte Mai dieses Jahres.
Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit. Im Jahr 2023 erkannte der Bundestag Verbrechen der Terrormiliz IS im Jahr 2014 an den Jesidinnen und Jesiden als Völkermord an. Politiker von SPD, Grünen und der Linken hatten die Rückholung der Familie verlangt, die im Irak bei Verwandten lebt. Eine Schulklasse aus Lychen kämpft für die Rückkehr.