Sicherheitsvorkehrungen nach gewaltsamen Protesten in Indonesien verschärft

Nach den gewaltsamen Protesten in Indonesien mit sechs Todesopfern haben die Behörden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP sah, hielten sich in der Hauptstadt Jakarta am Montag hunderte Soldaten am Nationaldenkmal bereit, weitere Militärs bezogen Stellung vor dem Präsidentenpalast. Die Proteste gegen niedrige Löhne sowie üppige Vergünstigungen für Abgeordnete hatten vergangene Woche begonnen.

Die Polizei errichtete in der ganzen Hauptstadt Kontrollpunkte. Außerdem patrouillierten Beamte und Armeeangehörige durch die Stadt, um die Bürger zu schützen und ihnen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, wie ein Polizeisprecher dem Sender Kompas TV sagte.

Bereits am Sonntagabend hatte die Polizei gepanzerte Fahrzeuge und Motorräder vor dem Parlament in Jakarta postiert. An wichtigen Orten waren am Montag zudem Scharfschützen postiert, während es in den sonst vielbefahrenen Straßen ruhiger als gewöhnlich war.

Mindestens eine Protestgruppe, die Allianz der indonesischen Frauen, teilte am späten Sonntagabend mit, dass sie ihren geplanten Protest wegen der verstärkten Sicherheitsvorkehrungen absage. Schulen und Universitäten in Jakarta hielten den Unterricht bis mindestens Dienstag online ab. Die in der Stadt ansässigen Beamten wurden aufgefordert, von zu Hause aus zu arbeiten.

Unter den Blicken Dutzender Soldaten versammelten sich dennoch mindestens 500 Demonstranten am Nachmittag vor dem Parlament in Jakarta. Zuvor waren auch Soldaten anwesend, sie verließen die Gegend aber später wieder. 

Tausende weitere Protestteilnehmer kamen in Palembang auf der Insel Sumatra zusammen, weitere Hunderte versammelten sich separat in Banjarmasin auf der Insel Borneo, in Yogyakarta auf der Hauptinsel Java und in Makassar auf der Insel Sulawesi, wie AFP-Journalisten im ganzen Land berichteten.

„Unser Hauptziel ist es, das Parlament zu reformieren“, sagte die Studentin Nafta Keisya Kemalia der AFP in Jakarta. Die Protestierenden hofften, dass die Abgeordneten „herauskommen und sich mit uns treffen. Wir wollen direkt mit ihnen sprechen, sie sind unsere Vertreter“, sagte die 20-Jährige. Die Demonstranten wollten nicht erst auf die mögliche Ausrufung des „Kriegsrechts“ warten.

Der Snack-Verkäufer Suwardi bezeichnete die Regierung als „ein Chaos“. „Das Kabinett und das Parlament hören nicht auf die Bitten des Volkes“, sagte der 60-Jährige der AFP nahe des Parlaments.

Die Proteste hatten vergangene Woche begonnen. Sie richteten sich gegen niedrige Löhne sowie üppige Vergünstigungen für Abgeordnete und verliefen zunächst friedlich. Seit Freitag gab es aber in Jakarta und weiteren Städten des südostasiatischen Landes gewaltsame Ausschreitungen. Die Häuser von  Finanzministerin Sri Mulyani Indrawati sowie von mehreren Abgeordneten wurden geplündert.

Auslöser der Gewalt waren Videoaufnahmen, die zeigten, wie ein 21-jähriger Motorradfahrer bei einer Protestkundgebung am Donnerstag von dem Fahrzeug einer paramilitärischen Eliteeinheit der Polizei überfahren wurde.

Die Proteste haben sich seitdem von Jakarta auf andere Großstädte ausgeweitet. Es handelt sich um die schwerwiegendsten Unruhen seit dem Amtsantritt von Staatschef Prabowo Subianto.

Bei einem Brandanschlag von aufgebrachten Demonstranten auf das Rathaus der Stadt Makassar auf der Insel Sulawesi wurden drei Menschen getötet. Zudem wurde in Makassar ein Mann zu Tode geprügelt, den Protestierende für einen Geheimdienstoffizier gehalten hatten. In der Stadt Yogyakarta starb ein weiterer Mensch bei Protesten, die Umstände waren zunächst unklar.

Prabowo kündigte am Sonntag eine Kürzung der Vergünstigungen für Abgeordnete an. Zugleich verurteilte er die Ausschreitungen scharf. Sein Verteidigungsminister Sjafrie Sjamsoeddin drohte am Sonntag „Krawallmachern und Plünderern“ mit „entschiedenen Maßnahmen“. 

Am Montag besuchte Prabowo einen verletzten Polizisten im Krankenhaus, wo er seine Kritik an den Demonstrierenden erneuerte. Laut Gesetz sei für Demonstrationen eine Genehmigung nötig, sagte er. Diese müsse erteilt werden, die Demonstration müsse „um 18.00 Uhr beendet sein“. 

Nach Einschätzung von Experten reicht Prabowos Kehrtwende nicht aus, um die Unruhen abklingen zu lassen. So fiel etwa der indonesische Aktienindex bei Börsenstart am Montag um mehr als drei Prozent. Auch sagte Prabowo seine für diese Woche geplante Reise nach China ab, wo er zu einer Militärparade anlässlich des 80. Jahrestags der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg eingeladen war.