Deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal stärker geschrumpft als erwartet

Die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump bremst die deutsche Wirtschaft stärker aus als erwartet: Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden korrigierte am Freitag die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal nach unten – das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte demnach um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, nicht nur um 0,1 Prozent. Analysten erwarten aber Besserung im zweiten Halbjahr. 

Im ersten Quartal dieses Jahres war das BIP noch um 0,3 Prozent gewachsen. Das Statistikamt nannte nun mehrere Gründe für den Rückgang des BIP im zweiten Quartal. 

Insbesondere die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe entwickelten sich demnach im Juni schlechter als erwartet. Zusätzlich sei der private Konsum für das zweite Quartal aufgrund neu vorliegender Informationen zu den Dienstleistungsbereichen wie beispielsweise der Monatsstatistik im Gastgewerbe für Juni nach unten revidiert worden.

Die Bruttoanlageinvestitionen gingen im zweiten Quartal deutlich um 1,4 Prozent zurück – sie waren zu Jahresanfang noch leicht gestiegen. Die Investitionen in Ausrüstungen wie Maschinen, Geräte und Fahrzeuge sanken laut Statistikamt um 1,9 Prozent, die Investitionen in Bauten um 2,1 Prozent. 

Auch der Außenhandel konnte keine positiven Impulse liefern: Von April bis Juni wurden 0,1 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen exportiert als im ersten Quartal. 

Der Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW, Dirk Schumacher, erklärte, es sei „nicht überraschend, dass die Exporte im Quartalsvergleich leicht zurückgingen“. Viele Unternehmen hatten in Erwartung hoher US-Zölle Ausfuhren in die USA vorgezogen. 

US-Präsident Trump hatte Anfang April einen Zollkonflikt mit Handelspartnern in aller Welt entfacht. Er kündigte hohe Importaufschläge für zahlreiche Länder an, senkte diese dann aber auf zehn Prozent, um Verhandlungen zu führen. Für EU-Waren gilt seit Anfang August ein Satz von 15 Prozent auf fast alle Produkte. 

„Auch der Rückgang der Investitionen dürfte mit der Unsicherheit des globalen Umfelds zu tun haben“, erläuterte Schumacher von der KfW. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, erklärte, Unternehmen dürften darauf gewartet haben, dass die zum 1. Juli verbesserten Abschreibungsbedingungen in Kraft getreten sind. 

Im zweiten Halbjahr erwartet Dullien eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums. Darauf deuteten Frühindikatoren wie Unternehmensbefragungen, Baugenehmigungen und Auftragseingänge hin, erklärte er. Die von der Regierung angekündigten zusätzlichen öffentlichen Investitionen und die verbesserten Abschreibungsbedingungen dürften private Investitionen anregen; zudem sei dank steigender Löhne und niedriger Inflation mit einer Erholung des privaten Konsums zu rechnen. 

Auch Analyst Christoph Swonke von der DZ Bank rechnet mit Blick auf das Konjunkturpaket der Bundesregierung mit „Auftrieb“ in den kommenden Monaten. Zudem sollte die Einigung im Handelskonflikt zwischen EU und USA die Unsicherheit dämpfen, fügte KfW-Analyst Schumacher hinzu. Beide Seiten hatten die Einigung Ende Juli verkündet, am Donnerstag veröffentlichte die Kommission in Brüssel Details. Demnach sollen etwa die US-Zölle auf Autos aus der EU sollen rückwirkend zum 1. August von 27,5 Prozent auf 15 Prozent sinken.  

Für Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) verdeutlichen die Zahlen des Statistikamtes den Bedarf an „mutigen Strukturreformen“. Sie müssten nun „zügig“ umgesetzt werden, erklärte sie in Berlin. Reiche nannte Reformen bei der Flexibilisierung der Arbeitszeiten, der Dämpfung der Lohnnebenkosten, dem Abbau bürokratischer Hürden und der Senkung der Energiepreise. 

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kritisierte, aktuell blieben fast alle wichtigen Reformen aus, weil sich die SPD und auch Teile der Union dagegen sperrten. „Das führt dazu, dass keine Wachstumsdynamik entsteht“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.