„Admiral Nachimow“: Putins waffenstarrender Schlachtkreuzer erwacht zum Leben

Die „Admiral Nachimow“ ist das am schwersten bewaffnete Schiff der Welt. Nach einer langen Modernisierung stieß der Schlachtkreuzer in See.

Nach fast 30 Jahren ist der schwere Raketenkreuzer „Admiral Nachimow“ wieder zum Leben erwacht. Am 18. August verließ er die Sewmasch-Werft in Sewerodwinsk und steuerte mit eigenem Antrieb das Weiße Meer an. Einsatzbereit ist das Großschiff damit jedoch noch nicht; auf See beginnen nun die See- und Werkserprobung. 

Nach einer umfassenden, jahrelangen Modernisierung, die schätzungsweise umgerechnet mehrere Milliarden US-Dollar gekostet hat, wurden beide Kernreaktoren an Bord Anfang des Jahres in Betrieb genommen. Später soll die „Admiral Nachimow“ Flaggschiff der russischen Marine werden. Derzeit nimmt die „Pjotr Weliki“ diese Rolle ein. Beide Schwesterschiffe gehören zur sogenannten Kirow-Klasse. Ein Symbol der russischen Seemacht, obwohl neue Schiffe dieser Größenordnung aufgrund der hohen Kosten und strategischen Neuausrichtung unwahrscheinlich sind.

„Admiral Nachimow“: ein Überrest der UdSSR

Seit 1997 lag der Kreuzer in einem Trockendock; seit 2014 wird an der Modernisierung gearbeitet. Die Instandsetzung war von technischen und finanziellen Problemen begleitet und verzögerte sich mehrfach. Als die Schiffe der Kirow-Klasse entwickelt wurden, dienten sie nur einem Zweck: Die Raketenkreuzer waren Flottenzerstörer, sie sollten gemeinsam mit den U-Booten der UdSSR den Natoflotten die Herrschaft über den Nordatlantik streitig machen und so Europa von den USA abschneiden. Dafür verfügten sie über eine beeindruckende Bewaffnung – die nach heutigen Maßstäben allerdings komplett veraltet ist. Die „Admiral Nachimow“ wurde 1983 in Leningrad auf Kiel gelegt und lief 1986 vom Stapel. Intern trägt der Schlachtkreuzer die Bezeichnung Projekt 1144.2M.

Mit modernen Raketen gespickt

Von dem alten Schiff ist wenig mehr als das Stahlgerüst übrig geblieben. Sensorik und Waffensysteme wurden komplett ersetzt. Heute verfügt die „Admiral Nachimow“ über 176 vertikale Startzellen für Raketen. Die optisch so eindrucksvollen 20 angewinkelten Starter der alten Granit-Schiffsabwehrraketen wurden entfernt. Zehn schiffsgestützte Feuerungssysteme (USFS) nehmen nun jeweils acht Raketen auf. Das sind 80 Zellen für die modernsten russischen Raketen, wie den Marschflugkörper Kalibr, den Überschall-Schiffsabwehrflugkörper Oniks und den Hyperschall-Marschflugkörper Zirkon. 

Die Zirkon-Rakete, die Geschwindigkeiten von über Mach 8 erreichen kann, gilt als eine der fortschrittlichsten Waffen im russischen Arsenal. Dazu wurden 96 Abschusszellen für Boden-Luft-Raketen vorgesehen. Es ist unklar, ob es sich um Varianten des S-300- oder des S-400-Systems handelt. Zu den weitreichenden Raketen kommen Luftabwehrsysteme für die Nah- und Mittelstrecke: sechs Pantsir-M-Luftabwehrsysteme und mehrere AK-630-Nahkampfwaffensysteme. Dazu ist das Schiff mit U-Boot- und Torpedoabwehrsystemen Paket-NK und Otvet ausgestattet. Außerdem steht ein 130-mm-Schiffsgeschütz AK-192M am Bug. Kein anderes Kriegsschiff hat eine ähnlich starke Bewaffnung. Die modernen Super-Zerstörer der chinesischen Marine vom Typ 055 besitzen 112 vertikale Starter, die älteren Kreuzer der Ticonderoga-Klasse der US Navy 122

Mehr Prestige als Nutzen

Trotz modernster Bewaffnung ist die „Admiral Nachimow“ ein schwimmender Dinosaurier und wirkt wie aus der Zeit gefallen. Wenn sie die „Pjotr Weliki“ ablöst, wird erwartet, dass das Schwesterschiff außer Dienst gestellt wird. Russland ist absehbar nicht in der Lage, die maritime Dominanz der USA weltweit herauszufordern. Immer wieder wurde der Bau einer neuen Klasse von Raketenzerstörern diskutiert; inzwischen scheint das Projekt begraben. 

Russland konzentriert sich auf U-Boote und kleinere Überwassereinheiten wie die Fregatten der Admiral-Gorschkow-Klasse sowie moderne Korvetten und Raketenboote. Diese Einheiten sind vor allem für die Verteidigung regionaler Gewässer wie dem Schwarzen Meer oder der Arktis gedacht. Die russische Marine rüstet auch vergleichsweise kleine Boote mit weitreichenden Flugkörpern aus, die theoretisch auch atomar bestückt werden können.

Der Ukrainekrieg und die Auseinandersetzungen mit den Huthis im Jemen haben in den letzten Jahren die Verwundbarkeit großer Kriegsschiffe gezeigt. Insbesondere im Schwarzen Meer erlitt die russische Marine Verluste durch ukrainische Drohnen und Raketen, was die Stationierung großer Schiffe wie der „Admiral Nachimow“ in weniger exponierten Regionen wahrscheinlicher macht. Das Grundproblem, dass große Schiffe von billigen Drohnen und Raketen angegriffen und versenkt werden können, gilt für alle Streitkräfte und ist nicht auf die russische Marine begrenzt.

Drohnen gegen Kampfschiffe

Russland baut derzeit mit großem Aufwand eine Drohnenproduktion auf und scheint das Potenzial dieser kostengünstigen Waffen erkannt zu haben. Auch wenn Russland in elektronische Gegenmaßnahmen und Drohnenabwehrsysteme investiert, um Schiffe wie die „Admiral Nachimow“ besser zu schützen, bleiben sie verwundbar.

Ungeachtet dieser grundsätzlichen Änderungen in der Seekriegsführung bleibt die „Admiral Nachimow“ eine beeindruckende schwimmende Festung. Sie ist in der Lage, in ganzen Regionen den Luftraum zu beherrschen. Und mit ihrem Waffenmix ist sie nicht allein auf Kämpfe gegen andere Marineeinheiten festgelegt. Russland ist Atommacht, und mit nuklearen Gefechtsköpfen ist die Zerstörungskraft der Flugkörper der „Admiral Nachimow“ ungeheuer hoch und nicht mit konventionellen Gefechtsköpfen zu vergleichen.