Freizeit: Hälfte des Neckar-Wassers kommt im Sommer aus Kläranlagen

Erfrischung im Neckar? Im Sommer fließt dort oft mehr geklärtes Abwasser als Frischwasser. Was das für Badegäste und Anwohner bedeutet.

An heißen Sommertagen wirkt der Neckar verlockend, doch zum Baden eignet er sich kaum. Ein Grund: In den trockenen Hitze-Monaten stammt ein großer Teil des Wassers aus den Kläranlagen der Region, wie das Statistische Landesamt mitteilt. Deshalb rät etwa auch der Rhein-Neckar-Kreis ausdrücklich vom Schwimmen im zweitgrößten Fluss Baden-Württembergs ab.

„In niederschlagsarmen Phasen steigt der Anteil des Abwassers an der Wasserführung des Neckars, weil die natürlichen Zuflüsse abnehmen“, erklärt das Landesamt. Im Sommer werde rechnerisch rund die Hälfte des Neckar-Abflusses aus kommunalen Kläranlagen zugeführt. Auf das Jahr hoch gerechnet bestehe dagegen fast ein Drittel des Neckars aus gereinigtem Abwasser. 

Fast jeder zweite Liter aus der Kläranlage

Die Messungen stammen aus Heidelberg-Ziegelhausen, etwa 30 Kilometer vor der Mündung in den Rhein. Dort fließen im Sommer im Durchschnitt 57,8 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch den Fluss. Rund 27 Kubikmeter pro Sekunde kommen dabei aus den Kläranlagen des Einzugsgebiets – und das im Jahresmittel.

Im Einzugsgebiet des Neckars lebt etwa die Hälfte der Bevölkerung Baden-Württembergs, dort stehen auch rund die Hälfte der kommunalen Kläranlagen. Sie reinigen nicht nur Abwasser aus Haushalten und Betrieben, sondern auch Niederschlags- und Fremdwasser. Ursprünglich stammt es überwiegend aus der öffentlichen Wasserversorgung und war einst Trinkwasser.

Trotz Reinigung noch Restrisiko

Die Kläranlagen bauen organische Stoffe und Pflanzennährstoffe zwar weitgehend ab. Dennoch gelangt laut Landesamt eine Restbelastung in den Fluss. Krankheitserreger wie Fäkalkeime, Salmonellen, Viren, Parasiten oder Pilze können weiterhin auftreten. Auch Medikamentenrückstände werden nicht vollständig entfernt.

Diese Keime können laut Rhein-Neckar-Kreis Durchfallerkrankungen, Augen- und Ohreninfektionen auslösen. Stickstoff- und Phosphoreinträge fördern zudem das Wachstum von Cyanobakterien (Blaualgen), die Bindehautentzündungen, Hautausschläge oder sogar Leberschäden verursachen können.

Auch noch andere Gefahren 

Neben der Wasserqualität sprechen auch Strömungen und Schiffsverkehr gegen den Badespaß. Zwar wird das Schwimmen im Neckar laut Wasserschifffahrtsamt (WSA) grundsätzlich geduldet, in vielen Bereichen ist es aber verboten – etwa 100 Meter ober- und unterhalb von Brücken und Anlegestellen sowie in der Nähe von Wehren, Häfen, Schleusen oder schwimmenden Geräten wie Schwimmkränen.