Steve Martin feiert 80. Geburtstag: Vom Disneyland-Job zum Kultkomiker

Steve Martin feiert seinen 80. Geburtstag. Seit Jahrzehnten begeistert er mit Witzen ohne Pointen, Kultfilmen und Banjo-Sound.

Der Typ ist einfach zum Totlachen. Doch warum eigentlich? Das weiß er selbst nicht so genau. Ist es dieser hilflose Blick? Oder sein breites Grinsen? Steve Martin zuckt die Schultern, soll heißen: keine Ahnung. Aber die Leute lachen, wenn sie ihn sehen. Das geht so seit Ende der 1960er Jahre, so lange ist der Schauspieler schon im Geschäft. Am 14. August wird er 80 Jahre alt, und das ist schon ein gewisses Problem, denn ein älterer Herr sollte eigentlich nicht zum Totlachen sein. Das wäre unter seiner Würde, die diesem großartigen, bisweilen genialen Komödianten nun einmal gebührt.

Steve Martin vermeidet Pointen

Von Anfang an beherzigte er ein ganz und gar außergewöhnliches Konzept: Er versuchte bei seinen Auftritten Pointen zu vermeiden. Das war für einen beginnenden Stand-up-Comedian zwar ein geradezu selbstmörderischer Gedanke, aber kein dummer. Steve Martin dachte sich: Wenn ich einen Witz mit einer Pointe bringe und die Leute dann nicht lachen, bin ich hoffnungslos verloren. Wenn ich aber einfach nur verrückte, blödsinnige Sachen erzähle, ohne auf Pointen abzuzielen, wird für sie die Spannung so unerträglich werden, dass sie von selbst anfangen zu lachen und damit selbst bestimmen, was komisch ist.

Dieses Konzept ist genial aufgegangen. Steve Martin wurde einer der besten Komiker der USA, machte eine atemberaubende Filmkarriere, schrieb erfolgreich Drehbücher, Kurzgeschichten, Theaterstücke, ein Musical, einen Roman und wurde ein erstklassiger Musiker. Ein Multitalent, das selbst in Hollywood seinesgleichen sucht.

Vom Schülerjob bei Disneyland zum Philosophiestudium

Der gebürtige Texaner (aus Waco), der in Kalifornien im Großraum L.A. aufgewachsen ist, hätte vor Disney wohl nie den Weg auf die Bühne und vor die Kamera gefunden. Während seiner Schulzeit wurde 1955 in der Nachbarschaft das erste Disneyland in Anaheim eröffnet. Der junge Martin jobbte an den Wochenenden und in den Sommerferien in dem riesigen Freizeitpark, verkaufte Reiseführer, lernte Jonglieren, Zaubertricks – und das Gefühl fürs Publikum.

Nach der High School studierte er am Santa Ana College zunächst Schauspiel und englische Poesie, belegte dann aber an der California State University das Hauptfach Philosophie. Dieses Studium habe sein Leben verändert, sagte er später. Ihm sei klar geworden: „Hey, es gibt keine Ursache und Wirkung! Es gibt keine Logik! Es gibt gar nichts!“ Nach dieser Erkenntnis sei alles „ganz einfach“ geworden. Damit meinte er seine Entscheidung für die Bühne.

Er brach mit 21 sein Studium ab und tingelte als Stand-up-Comedian durch die Clubs im Orange County, immer mit dem Hinweis, dass er noch so viel von seiner Philosophie-Ausbildung in Erinnerung habe, um sich „den Rest des Lebens zu ruinieren.“ Das war immerhin der Hauch einer Pointe, die er sonst seinem Publikum standhaft zu verweigern versuchte – bis die Leute entnervt aufgaben und aus reiner Notwehr anfingen zu lachen, so wie er es vorausgesagt hatte.

Seine Comedy-Shows wurden in Stadien verlegt

Es dauerte zwar ein Weilchen, und in den Lokalblättern standen auch Kritiken wie „diesem sogenannten ‚Komiker‘ sollte man sagen, dass Witze Pointen haben müssen“. Doch dann konnte er selbst Namen aus dem Telefonbuch vorlesen oder vier Hunden auf der Bühne Witze erzählen – die Leute fanden ihn urkomisch, wie das „Time Magazine“ zusammenfasst.

Sie brüllten sogar vor Vergnügen als er ihnen folgende Nummer darbot: „Ich stand auf der Bühne und holte fünf Bananen heraus. Ich schälte sie, legte mir eine auf den Kopf, steckte mir eine in jede Tasche und drückte in jeder Hand eine. Dann las ich die letzte Zeile meiner letzten schlechten Kritik: ‚Diese Woche steht neben Poco auch der Komiker Steve Martin auf dem Programm… Seine 25-minütige Nummer konnte keine komödiantische Identität aufbauen, die das Publikum an ihn oder den Inhalt erinnert hätte.'“

Da war er längst ein Star, hatte einen Emmy gewonnen, arbeitete in der „The Sonny & Cher Comedy Hour“, für die Talkshow von Johnny Carson (1925-2005) sowie für ähnliche berühmte Formate. Die legendäre Show „Saturday Night Live“ hatte eine Million mehr Zuschauer, wenn er auftrat, seine Comedy-Alben waren Verkaufsraketen in den Charts, seine Shows wurden in Stadien verlegt. Wenn er in seinem weißen Anzug auftrat, jubelten über 20.000 Menschen.

Die Leute liebten ihn wie einen Rockstar, seine Ironie, mit der er Comedy-Sitten durch den Kakao zog, war Kult. Einmal eröffnete er einen Auftritt so: „Ich glaube, es gibt nichts Besseres, als zwei Wochen lang immer wieder das Gleiche zu machen. Das macht mir Spaß, also werde ich immer und immer wieder das Gleiche machen […] Ich werde in derselben Show immer wieder denselben Witz machen, es wird wie etwas Neues sein.“ Das Publikum war aus dem Häuschen.

Und dann rief Hollywood…

Nach einem Spielfilmauftritt in „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ bekam Steve Martin 1979 die Hauptrolle in „Reichtum ist keine Schande“, für diesen Film schrieb er auch das Drehbuch. In den nächsten 25 Jahren drehte er fast jedes Jahr einen neuen Film, darunter Steve-Martin-Klassiker wie „Solo für 2“, „Drei Amigos!“, „Ein Ticket für Zwei“, „Roxanne“, „Eine Wahnsinnsfamilie“, „Vater der Braut“, „Housesitter“, „Schlaflos in New York“, „Im Dutzend billiger“.

Ein Riesencomeback konnte er 2006 mit „Der rosarote Panther“ und „Der rosarote Panther 2“ feiern, in beiden Filmen spielte er den vertrottelten Inspektor Clouseau, was Kritiker nicht so prickelnd fanden, doch beim Publikum gigantisch ankam.

Dann Anfang der 2020er noch mal ein Highlight: Steve Martin ersann (mit John Hoffman) die hochgelobte Serie „Only Murders in the Building“, in der er neben Selena Gomez (33) und Martin Short (75) – mit Martin ist er seit vielen Jahren auch privat befreundet – auch die Hauptrolle spielt. Das werde sein letzter Auftritt sein, gab er bekannt. Danach werde er nicht mehr filmen oder auf der Bühne stehen.

Für den Oscar wurde er nie nominiert, dafür moderierte er die Preisverleihung (2001, 2003, 2010). 2014 bekam er einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. Höher bewertet er eine Auszeichnung seiner alten Universität, die ihm die Ehrendoktorwürde verliehen hat.

Steve Martin wurde mit 67 Jahren zum ersten Mal Vater

So populär und beliebt der Schauspieler, Autor und Musiker – er gilt als brillanter Banjospieler, der durch die USA tourte – auch sein mag, der Privatmann Steve Martin hält sich bedeckt. Nach einer ersten Ehe mit der englischen Schauspielerin Victoria Tennant (1986-1994), heiratete er 2007 die Schriftstellerin Anne Stringfield, die 2012 eine Tochter zur Welt brachte und Martin mit 67 zum Vater machte.

Die Familie lebt in Los Angeles, in einem Haus mit zahlreichen Kunstwerken, denn Steve Martin ist ein leidenschaftlicher Kunstsammler. Leisten kann er sich das, denn materiell hat er so ziemlich alles bekommen, was er wollte. Und das war mit eigenen Worten: „Ein ehrlicher Wochenlohn für einen ehrlichen Tag Arbeit“.

Freunde sagen, er sei nicht mehr der glühende, wilde und verrückte Typ, sondern mittlerweile eine väterliche Erscheinung. Er selbst findet das ziemlich gut: „Die Zeit hat mir geholfen, meinen Frieden mit dem Berühmtsein zu schließen. Anfangs war ich nicht berühmt genug, dann zu berühmt und jetzt bin ich genau richtig berühmt.“