Neu im Kino: „Das Kanu des Manitu“ – Nostalgie mit Gags und viel Gefühl

Alte Helden, neue Abenteuer: Fast 25 Jahre nach der Western-Parodie von Bully Herbig kommt „Das Kanu des Manitu“ ins Kino. Was erwartet die Fans?

Als Michael Bully Herbig vor mehr als 25 Jahren mit der Idee für eine Western-Parodie kam, winkten viele erst mal ab. Sie fanden „Der Schuh des Manitu“ nicht lustig und glaubten nicht an den wirtschaftlichen Erfolg. Herbig machte den Film dennoch – und das Publikum war begeistert. Nach dem Kinostart im Sommer 2001 brach der Streifen Rekorde und gilt als einer der erfolgreichsten deutschen Kinofilme. Fast ein Vierteljahrhundert später folgt die Fortsetzung. Was erwartet die Fans in „Das Kanu des Manitu“ und lohnt sich der Film?

Voll auf den „Nostalgiebutton“ 

Um es kurz zu machen: Wer vom Schuh begeistert war, wird auch das Kanu lieben. Von der ersten Einstellung an geht es gefühlt nahtlos da weiter, wo der alte Film aufgehört hat. Man habe „krass den Nostalgiebutton gedrückt“, wie es Herbig bei der Weltpremiere formulierte. Natürlich gibt es wieder Sprüche ohne Ende, viele in schönstem Bairisch. Auch einige vertraute Figuren mischen mit: Michael Bully Herbig als Abahachi und dessen Zwillingsbruder Winnetouch, Christian Tramitz als sein Blutsbruder Ranger, Rick Kavanian als griechischer Tavernenwirt Dimitri (und sächselnder Sheriff-Gehilfe) und sogar Bösewicht Sky du Mont, für den der Film eine besondere Bedeutung hat, aber davon später.

Legende, Chaos und die Liebe

Dieses Mal dreht sich alles um ein Kanu, das der Legende nach unsterblich machen kann. Der Ölprinz (du Mont) wittert ein Riesengeschäft. Um das Boot zu klauen, engagiert er den Boss (Jessica Schwarz) und ihre chaotische Bande. Um das gut versteckte Kanu zu finden, brauchen sie die Hilfe von Abahachi. Der ist aber gerade verhindert, werden er und Ranger doch gerade vom Sheriff (Friedrich Mücke) und dessen liebeskranken Gehilfen (Kavanian) gejagt. Als auch noch Dimitri mit Mary (Jasmin Schwiers) auftaucht, die ein brisantes Geheimnis aufdeckt, wird es richtig turbulent. Auch Winnetouch wird in das Chaos reingezogen und offenbart Superkräfte.

Gags mit dem Streckungsvollbeamten

In bewährter Manier jagt eineinhalb Stunden lang ein Gag den nächsten, etwa gleich zu Beginn, wenn Ranger und Abahachi sich mit Jodlern über die Prärie hinweg unterhalten. Und auch so manche Sprüche und Dialoge besitzen das Potenzial, als Zitate verewigt zu werden, so wie der Satz des Dauergrantlers Ranger: „Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“, der dieses Mal in abgewandelter Form auftaucht. Und Dimitri verdreht wieder aufs Schönste die Worte und schafft so den Streckungsvollbeamten oder die Blümchengänse. 

Dazu gibt es Tanzeinlagen und Songs unter anderem von Stefan Raab und Herbig („Weil wir so supergeil drauf sind“), auch ein Kultsong darf nicht fehlen. Und es gibt Parodien, natürlich auf die 1960er-Jahre-Western nach den Karl May-Romanen inklusive Überraschungsauftritt eines Helden, aber auch auf die Abenteuerreihe „Indiana Jones“, die Werke des französischen Filmemachers Louis de Funès und einen Kinderfilm. 

Tanzender Winnetouch

Regisseur Herbig spielt lustvoll mit Klischees. Winnetouch ist wie schon im ersten Film das Stereotyp eines affektierten Schwulen. Ein Umstand, für den es schon vor Jahren Kritik gab. Deshalb auf ihn verzichten? Das kam für Herbig und die Co-Drehbuchautoren Tramitz und Kavanian nicht infrage, wie sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärten. „Was wäre denn passiert, wenn wir den Winnetouch jetzt gecancelt hätten?“, fragte Herbig. „Wir hätten unseren besten Mann verloren!“ Schon in Teil eins sei er die emanzipierteste Figur gewesen. Und ein großer Teil der Gay-Community liebe diese Parodie.

So ist Winnetouch auch dieses Mal wieder dabei, unverblümt und offenherzig wie eh und je, als Inhaber einer Tanz- und Fechtschule. Als der Sheriff und sein Deputy bei ihm auflaufen, bringt er die beiden Gesetzeshüter mit viel Geschick so ganz nebenbei dazu, ihm zu helfen, seinen Bruder zu finden, der in Not ist. 

„Irgendeiner regt sich immer auf“

Überhaupt wollten sich Herbig, Tramitz und Kavanian nicht allzu sehr mit dem Zeitgeist beschäftigen, der könne in einer Woche schon wieder ein ganz anderer sein. „Diese Drehbuchentwicklung ging ja über Monate und ich kann mich nicht erinnern, dass wir in irgendeiner Form mal gravierende Zweifel hatten.“ Allen könne man eh nicht gerecht werden, findet Tramitz: „Es ist vollkommen wurscht, was man macht. Irgendeiner regt sich immer auf. Also wenn man danach gehen würde, dürfte man nichts mehr entwickeln“.

Ein paar Anpassungen waren dennoch notwendig. „Einen Film, den man vor 25 Jahren gemacht hat, wirst du heute nicht mehr eins zu eins machen, weil ja auch nicht jede Pointe gut gealtert ist, weil du dich humoristisch auf andere Dinge beziehst, weil du dich weiterentwickelt hast und weil du Gags vielleicht auch noch besser machen willst“, sagt Herbig. Tramitz spricht gar von einem „Giftschrank“: „Da ist ganz viel drin, dass man so nicht mehr machen wird, aber das ist eine normale zeitgeschichtliche Entwicklung“.

Große Gefühle und Völkerverständigung

In einem anderen Licht erscheinen die amerikanischen Ureinwohner. Sie reden in ihrer Sprache und nicht mehr in einem Fantasiekauderwelsch. „Das hat einfach nicht in die Geschichte gepasst. Hat sich auch nicht mehr witzig genug angefühlt“, sagt Herbig. Für eine sehr emotionale Szene, die in Santa Fe gedreht wurde, engagierte er Männer und Frauen mehrerer Stämme, darunter den US-Schauspieler Alan Tafoya. Der Jicarilla Apache der Red Side Plains People sah den Dreh als Chance, für Völkerverständigung zu werben. Er sei glücklich, dem Publikum die Welt der Apachen etwas näherzubringen. 

Ein Abschied und ein Traum

Überhaupt ist dieser Film von Wehmut durchzogen, vielleicht auch, weil es für du Mont ein Abschied war. Der 78-Jährige will danach keine Filme mehr drehen. Zu seiner letzten Szene hatten sich alle am Set versammelt, dann lief Musik. „Ich hatte mir für diesen Moment ein paar Worte zurechtgelegt und wollte ein paar nette Sachen sagen“, erinnert sich Herbig. „Aber schon nach zwei Sätzen hatte ich einen Frosch im Hals.“ 

Ob es auch ohne du Mont noch eine Fortsetzung geben wird? „Jetzt schauen wir mal, was und wie und ob und wann“, sagt Kavanian. Und Herbig ergänzt: „Im Moment kann ich es mir nicht vorstellen, aber wenn Sie mich dann in drei Jahren wieder fragen…“. Am Ende träumt Abahachi davon, dass er mit Ranger alt werden will. Und sein Blutsbruder antwortet lakonisch: „Wir sind alt!“.