Afghanistan: Rechtswidrig? Debatte um Abschiebung von psychisch Kranken

Vor zwei Wochen startete ein Abschiebeflieger nach Afghanistan. Unter den Abgeschobenen waren auch drei Männer, die zuvor in einer forensischen Klinik in Bayern waren. Das sorgt für Kritik.

Aus Bayern sind drei zuvor in einer forensischen Klinik für psychisch kranke Straftäter untergebrachte Männer nach Afghanistan abgeschoben worden – um die Abschiebepraxis ist nun eine Debatte entbrannt. Die bayerische Staatsregierung verteidigte das Vorgehen. „Die bayerischen Ausländerbehörden halten sich beim Vollzug von Rückführungen stets an Recht und Gesetz, so auch bei der vorliegenden Sammelchartermaßnahme nach Afghanistan. Mit dem Flug wurden ausreisepflichtige schwere Straftäter rückgeführt“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in München.

Die Kritik bezieht sich auf drei Männer, die „aus einer forensischen Psychiatrie in Unterfranken rückgeführt wurden“, wie Herrmann auf Nachfrage erklärte. „Mithin handelte es sich um Personen, die eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit und die bayerische Bevölkerung darstellten. Der Rechtsstaat gebietet es, solche Straftäter – unter Einhaltung aller Standards des deutschen und europäischen Rechts – außer Landes zu bringen.“

Betreuer: Abschiebung war „rechtswidrig“ 

Die drei Afghanen waren vor zwei Wochen mit 78 weiteren Personen mit einem Abschiebeflieger von Leipzig nach Kabul geflogen worden. Zunächst hatte der Bayerische Rundfunk über den Fall berichtet. Ein Betreuer von einem der Männer hatte darin schwere Vorwürfe gegen die Abschiebung erhoben. Zwar sei der Mann „vollziehbar ausreisepflichtig“ gewesen, gleichwohl sei die Abschiebung aus seiner Sicht aber „rechtswidrig“ gewesen.

Er beruft er sich auf Paragraf 60 des Aufenthaltsgesetzes. Demnach darf nicht abgeschoben werden, wenn ein Ausreisepflichtiger krank ist und in seinem Heimatland nicht ausreichend medizinisch versorgt würde.

Herrmann und das Bayerische Landesamt für Asyl und Rückführungen (LfAR) weisen diesen Vorwurf aber vehement zurück. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe alle drei Einzelfälle als allein zuständige Bundesbehörde geprüft und „in den konkreten Fällen keine Abschiebungsverbote, etwa wegen einer angeblich unzureichenden medizinischen Versorgung im Herkunftsland, festgestellt“, sagte Herrmann. Zudem seien die Männer am Flughafen nochmals von Ärzten überprüft und für flugfähig erklärt worden.

Der Präsident des LfAR, Axel Ströhlein, verwies zudem darauf, dass die Betroffenen beziehungsweise ihre Betreuer keinen Eilantrag auf einen einstweiligen Rechtsschutz gestellt hätten, der die Abschiebung hätte verhindern können.

Söder: Straftäter haben ihr Gastrecht missbraucht

„Es handelt sich um schwere Straftäter, schwere Straftäter, die ein Gastrecht hatten und dieses Gastrecht schwerst aufs Schwerste missbraucht haben“, betonte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Es sei völlig unverständlich, warum immer wieder versucht werde, genau bei dieser Zielgruppe in irgendeiner Form einen Aufenthalt zu verlängern. „Es ist an der Zeit, Konsequenz zu zeigen und nicht wieder alles zu verschleppen, zu verzögern und und irgendwie aufzuweichen.“

Auch vom bayerischen Flüchtlingsrat und von Pro Asyl kommt klare Kritik an der bayerischen Praxis: Abschiebungen aus Psychiatrien seien unverantwortlich und ein Skandal, zitiert der Bayerische Rundfunk Wiebke Judith von Pro Asyl. Es gehe um Menschen in einem psychischen Ausnahmezustand, die dringend ärztliche Hilfe bräuchten. In Afghanistan gebe es eine solche Hilfe nicht.