Kinderschutz: Zunehmende Zahl von Kindeswohlgefährdungen in MV

Die Zahl von Vernachlässigungen oder Gewalt gegenüber Kindern ist erneut gestiegen. In mehr als 5.000 Verdachtsfällen wurden die zuständigen Behörden in MV 2023 aktiv.

Wegen akuter oder latenter Gefährdung des Kindeswohls müssen die Jugendämter in Mecklenburg-Vorpommern immer häufiger eingreifen. Wie das Statistische Amt mitteilte, wurden 2023 in 1.104 Fällen eine akute und in 569 weiteren Fällen eine latente Kindeswohlgefährdung registriert. Das seien insgesamt 6,5 Prozent mehr solcher Fälle gewesen als 2022. Zahlen für das Jahr 2024 liegen bislang nicht vor. 

Akute Gefährdungen liegen vor, wenn nach Einschätzung von Fachleuten bereits eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls von Minderjährigen eingetreten ist. In mehr als der Hälfte dieser Fälle (677) waren Vernachlässigungen als wesentlicher Grund ermittelt worden. Laut Statistik lagen in 287 Fällen körperliche Misshandlungen, bei 386 Kindern psychische Misshandlungen und 62 Mal Anzeichen für sexuelle Gewalt vor, teilweise in Kombination.

Zahl der Prüfverfahren leicht gestiegen 

Den Angaben des Statistikamtes gab es im Jahr 2023 bei landesweit 5.256 Minderjährigen gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Kindeswohls, sodass Mitarbeiter der Jugendämter genauer hinschauen mussten. Die Zahl der sogenannten Gefährdungseinschätzungen nahm damit gegenüber dem Jahr zuvor um knapp ein Prozent zu. In 1.464 Fällen erwies sich der Verdacht als unbegründet. Bei 2.119 Prüfverfahren wurde laut Statistik zwar keine Kindeswohlgefährdung festgestellt, wohl aber Hilfebedarf zum Beispiel in Form von Erziehungsberatung oder einer Schutzmaßnahme.

Wie aus der Statistik weiter hervorgeht, sind Mädchen und Jungen fast gleichermaßen von möglichen Kindeswohlgefährdungen betroffen. Allerdings setzten die Überprüfungen bei Jungen am häufigsten im Alter zwischen sechs und zehn Jahren ein, bei Mädchen erst zwischen zehn und 14. Der Verdacht, in der Familie sexueller Gewalt ausgesetzt zu sein, betraf in 70 Prozent der Fälle Mädchen.

Regierung legte Kinderschutzgesetz vor 

Die Landesregierung nahm nach eigenem Bekunden die Entwicklungen zum Anlass, um gesetzliche und strukturelle Veränderungen einzuleiten. Mit einem eigenständigen Kinderschutzgesetz, das noch vor der parlamentarischen Sommerpause in den Landtag eingebracht worden war, soll die Fürsorge für gefährdete Kinder in Mecklenburg-Vorpommern verbessert werden. 

Zu den Schwerpunkten des Gesetzentwurfs gehören nach Angaben von Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) die Stärkung der Prävention, die Schaffung von Schutzräumen und bedarfsgerechten Hilfen für Kinder und Jugendliche. 

Das zwischenzeitlich beim Kommunalen Sozialverband angesiedelte Landesjugendamt soll Anfang 2026 unter das Dach des Landesamtes für Gesundheit und Soziales zurückkehren und mit einer Zentralen Stelle Kinderschutz ausgestattet werden. Diese soll als interaktive Service- und Vermittlungsinstanz für fachübergreifende Zusammenarbeit sorgen. Insgesamt stelle das Land für die Umsetzung des Kinderschutzgesetzes knapp 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. „Das ist gut angelegtes Geld und eine Investition in die sichere Zukunft unserer Kinder“, zeigte sich Drese überzeugt.