Seit 2012 erhebt das Statistische Landesamt Daten zu Kindeswohlgefährdungen in Thüringen. Die Zahl der Verdachtsfälle steigt, aber nicht jeder Verdacht bestätigt sich.
Vernachlässigung, Gewalt, sexueller Missbrauch: Die Thüringer Jugendämter haben im vergangenen Jahr knapp 1.700 Fälle von Kindeswohlgefährdungen festgestellt. Damit hat sich nach Zahlen des Statistischen Landesamtes etwa jeder dritte Verdachtsfall, in denen die Ämter um Einschätzung gebeten wurden, bestätigt. Die Jugendbehörden hatten insgesamt gut 4.900 Verdachtsfälle geprüft. Dies sei ein neuer Höchstwert seit Beginn der Erhebung 2012 und ein Anstieg um rund 4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023, so die Statistiker.
Die Zahl der bestätigten Kindeswohlgefährdungen hat sich gemessen am Vorjahr um 4,2 Prozent oder 68 Fälle erhöht. Am häufigsten (1.160 Fälle) stellten die Jugendämter Anzeichen für Vernachlässigung fest, gefolgt von psychischen Misshandlungen (550) und körperlichen Misshandlungen (387). In 78 Fällen habe es Hinweise auf sexuelle Gewalt gegeben. Häufig seien die Minderjährigen mehreren Gefährdungsarten gleichzeitig ausgesetzt gewesen, erfasst sind insgesamt 401 derartige Fälle.
Gefahr zumeist durch die eigenen Eltern
In mehr als drei Viertel aller Fälle ging die Gefährdung von der eigenen Mutter oder dem eigenen Vater aus (1.295 Verfahren). Stiefeltern oder neue Lebenspartner der Mütter oder Väter spielten eine geringe Rolle (4,6 Prozent oder 78 Verfahren). Die meisten betroffenen Kinder und Jugendlichen wuchsen bei Alleinerziehenden auf, dies betraf 46 Prozent der Fälle. 30 Prozent der Fälle ereigneten sich in Familien, in denen beide Elternteile zusammenleben. 4,7 Prozent der Fälle ereigneten sich in Heimen oder Wohngruppen.
Die meisten Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung erhielten die Jugendämter zumeist von Polizei und Justiz, dies betraf 1.200 Verfahren. Anonym gingen 660 Hinweise ein, Schulen melden 522 Verdachtsfälle.
Im vergangenen Jahr hatten die Jugendämter weniger Kinder und Jugendliche zu deren Schutz in Obhut genommen. Nach früheren Angaben des Landesamtes kam es zu 1.748 Inobhutnahmen, knapp zehn Prozent weniger als 2023.