Parlamentseklat: Hakenkreuz-Skandal: Nun meldet sich Born zu Wort

Ein Hakenkreuz bei einer geheimen Wahl, ein geständiger Abgeordneter – und viele offene Fragen. SPD-Politiker Daniel Born gibt zu, keinerlei Angst vor Konsequenzen gehabt zu haben.

Der baden-württembergische SPD-Politiker Daniel Born hatte nach eigenen Worten keine Bedenken, nach dem Zeichnen eines Hakenkreuzes auf einen Stimmzettel im Landtag erwischt zu werden. „Ich hatte keine Angst davor, dass das Hakenkreuz mit mir in Verbindung gebracht werden würde – die Abstimmung war geheim“, sagte Born gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“. 

Er habe sich vielmehr einen Tag später der Öffentlichkeit gestellt, um Schaden vom Landtag abzuwenden. „Angesichts der Reaktionen wurde mir klar, dass hier ein gewaltiger Vorwurf im Raum steht, gegen das gesamte Parlament“, sagte er. „Es hätte wochenlange Spekulationen gegeben, der Landtag hätte erheblich Schaden genommen.“

Der Abgeordnete hatte eingeräumt, bei einer geheimen Wahl am Donnerstag hinter dem Namen eines AfD-Abgeordneten ein Hakenkreuz notiert zu haben. Neben seinem Rückzug als Landtagsvizepräsident hatte Born auch seinen Austritt aus der SPD-Fraktion angekündigt. 

„Kein Gehirnimpuls“

Born spricht von einer Kurzschlussreaktion. „Es gab da überhaupt keinen Gehirnimpuls, ganz ehrlich. Ich war in einer emotionalen Ausnahmesituation“, sagte er der „Zeit“. Er spricht von dem Gefühl, die AfD werde immer stärker und mit ihr Hass, Hetze und Angst. „Sie hatte es auch mal wieder geschafft, den parlamentarischen Ablauf rund um die Wahlhandlung durcheinanderzubringen, wie es immer ihre Strategie ist.“

Zudem erwähnt Born eine neue Umfrage, in der die AfD in den Zustimmungswerten mit der Union gleichziehe. „Da kam in mir dieses Momentum auf, in der Wahlkabine zu sagen: „Ja, wer AfD wählt, wählt eigentlich auch das Hakenkreuz.““ 

Bei der Wahl hatten sich AfD-Kandidaten zum wiederholten Mal aufgestellt zur Wahl in den sogenannten Oberrheinrat – ohne Erfolg. Das deutsch-französisch-schweizerische Gremium setzt sich zusammen aus Vertretern der Teilregionen Elsass, Nord- und Südbaden, Südpfalz und Nordwestschweiz.

Born: „Tut mir unendlich leid“

Born räumt ein, dass es in seiner „Aufgewühltheit“ klüger gewesen wäre, gar nicht erst in die Wahlkabine zu gehen. „Ich habe mit dem Hakenkreuz dem Kampf gegen die AfD geschadet. Auch das tut mir unendlich leid.“ Im parlamentarischen Betrieb stehe die Brandmauer zur AfD. Diese verhindere aber nicht, dass die AfD „mit ihren menschen- und demokratiefeindlichen Positionen zur Gewohnheit wird und Zulauf hat“.

Born sagt, mit seinem Rücktritt habe er die politischen Konsequenzen gezogen. Mögliche rechtliche Konsequenzen müsse er hinnehmen. „Ich bin vom Rechtsstaat überzeugt.“ Derzeit prüft die Staatsanwaltschaft, ob der Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt. 

In Betracht kommt etwa der Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs, der das öffentliche Verwenden und Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter Strafe stellt. Das kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Das Hakenkreuz war das offizielle Staatssymbol des Dritten Reiches.

Ob Born auch sein Mandat als Abgeordneter niederlegt, ist noch offen. Unter anderem Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte Borns vollständigen Rückzug aus dem Parlament gefordert. Die Landtagsverwaltung hatte noch am Donnerstagabend Strafanzeige gegen unbekannt beim Polizeiposten im Landtag erstattet.

Kommunikationsexperte: Hakenkreuz-Skandal nützt der AfD

Borns Verhalten sei kontraproduktiv und nutze der AfD, sagte Kommunikationsexperte Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Partei könne lachend zusehen, weil der Vorfall genau zu ihrem Narrativ passe. „Wir sind die verfolgten Opfer. Uns wird immer Böses unterstellt. Dabei sind wir das doch gar nicht und wir werden ungerecht behandelt. Diese Geschichte, die kann sie bei ihren eigenen Anhängern jetzt wieder erzählen“, sagte Brettschneider. Dafür habe Born eine Vorlage geliefert.

Der SPD dürfte der Skandal im aufziehenden Landtagswahlkampf nach Einschätzung des Experten nur mittelbar schaden. „Bei der Wahl im März spielen andere Themen eine Rolle“, sagte Brettschneider. „Indirekt ist es aber auch für die SPD ein Schaden, weil es von den eigenen Themen ablenkt. Jetzt wird erst mal darüber gesprochen und nicht über Themen, die für die SPD günstig sind.“

Thema damit abgeräumt?

Dass sich Born nur einen Tag nach dem Skandal im Landtag offenbarte, hält Brettschneider für klug. Hätte Born den Vorfall nicht zugegeben, hätten die Spekulationen über den Urheber noch über Tage angehalten und die Institution des Parlaments beschädigt, sagte Brettschneider. „Ich kann mir vorstellen, dass das Thema mit der schnellen Reaktion jetzt mehr oder weniger abgeräumt sein wird“, sagte der Kommunikationswissenschaftler.

Der 49 Jahre alte Born stammt aus Schwetzingen im Nordwesten Baden-Württembergs und ist seit 2016 Mitglied des Landtags. Seit 2021 leitete der studierte Jurist als einer von zwei Vizepräsidenten teilweise die Plenarsitzungen in Stuttgart.