Viele Menschen mit Gesundheitsproblemen suchen direkt die Notaufnahme einer Klinik auf – auch wenn sie gar keinen Notfall haben. Der Chef der Krankenkasse AOK fordert deshalb eine bessere Steuerung.
Viele Niedersachsen mit gesundheitlichen Problemen steuern einer Befragung zufolge häufig direkt eine Notaufnahme an, statt zuvor auf eine Ersteinschätzung durch einen Arzt zu setzen. Die Folgen sind nach Angaben der Krankenkasse AOK überfüllte Notaufnahmen, strapaziertes Personal und verunsicherte Patientinnen und Patienten. Die Krankenkasse fordert deshalb eine zügige Reform der Notfallversorgung.
Der repräsentativen Umfrage von Forsa im Auftrag der AOK zufolge, haben mehr als die Hälfte der Menschen, die in den vergangenen fünf Jahren die Notaufnahme einer Klinik in Niedersachsen direkt aufgesucht haben, dies ohne vorherige fachliche Ersteinschätzung selbst entschieden. Nur 14 Prozent der Hilfesuchenden kamen demnach nach Beratung durch den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 in die Notaufnahme, 30 Prozent wurden über ihre Arztpraxis in die Klinik geschickt.
Warum Hilfesuchende direkt in die Notaufnahme gehen
34 Prozent der Befragten in Niedersachsen gaben der Umfrage zufolge an, sie hätten direkt eine Notaufnahme aufgesucht, da sie sich akut zu schlecht fühlten, um abwarten zu können. 14 Prozent erklärten, plötzlich Angst vor einem lebensbedrohlichen Problem wie Schlaganfall oder Herzinfarkt gehabt zu haben. 10 Prozent gaben an, keinen Facharzttermin bekommen zu haben, bevor sich ihr gesundheitliches Problem akut verschlimmert habe.
Die Befragung ergab zudem, dass vor allem bei jüngeren Menschen zwischen 18 und 39 Jahren die Bereitschaft, sich bei Beschwerden in die Notaufnahme einer Klinik zu begeben, ausgeprägter ist, als etwa bei über 60-Jährigen.
Wie die Notfallversorgung entlastet werden soll
Um für eine Verbesserung zu sorgen, müsse die Bundesregierung die geplante Notfallreform schnellstens umsetzen, sagt der Vorstandsvorsitzende der AOK Niedersachsen, Jürgen Peter, in einer Mitteilung. „Um eine Entlastung der Notaufnahmen zu erreichen und Hilfesuchende gleichzeitig auf den passenden Behandlungsweg zu schicken, muss die Steuerung tatsächlicher und vermeintlicher Notfälle dringend verbessert werden.“
Nicht nur auf Bundesebene gibt es Pläne für eine Reform. Auch in Niedersachsen soll die Notfallversorgung verbessert werden – konkret geht es darum, dass kranke Menschen die richtige Nummer wählen: den Notruf 112 für lebensgefährliche Situationen und die Nummer des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 bei kleineren Beschwerden wie Erkältungen.
Seit einigen Wochen greift beim ärztlichen Bereitschaftsdienst in Niedersachsen schon ein neues System mit mehr Telemedizin. Das soll den Patienten schnellere Hilfe verschaffen und die Ärztinnen und Ärzte insbesondere von Hausbesuchen entlasten. Der ärztliche Bereitschaftsdienst hilft außerhalb der Sprechstundenzeiten und ist rund um die Uhr erreichbar.
Die AOK ist nach eigenen Angaben die größte Krankenversicherung in Niedersachsen. Sie hat mehr als drei Millionen Versicherte. Für die Umfrage wurden vom 1. bis zum 17. April 2025 bundesweit insgesamt 8.579 Personen ab 18 Jahren befragt, darunter 500 in Niedersachsen.