Seit April letzten Jahres darf in Deutschland legal gekifft werden, seit einem Jahr sind Cannabis-Clubs erlaubt. Wie ist die Lage der Clubs seitdem in Bayern? Ein Überblick.
Bei der Zahl genehmigter Cannabis-Clubs liegt Bayern im Ländervergleich nur auf Platz elf. Über ein Jahr nach der Teil-Legalisierung von Cannabis auf Bundesebene und ein Jahr nach der Erlaubnis von Cannabis-Clubs gibt es aktuell acht genehmigte Anbauvereinigungen im Freistaat, nur eine mehr als in Berlin und deutlich weniger als im Nachbarland Baden-Württemberg mit 23 genehmigten Clubs.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern laufen die Genehmigungen im Freistaat eher schleppend. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise wurden bislang schon 83 Anbauvereinigungen genehmigt.
Wie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, wurden bislang zwei Anträge für sogenannte Anbauvereinigungen im Freistaat abgelehnt, 19 waren noch in Bearbeitung. Zwölf Anträge wurden von den Antragstellern zurückgezogen.
Aktuell laufen im Freistaat vier Klageverfahren in der Sache, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Die betreffenden Klagen liegen am Verwaltungsgericht München. Bei drei der vier Verfahren geht es um die Anfechtung von Auflagen zu bereits erteilten Genehmigungen, in einem Fall wird die vollständige Ablehnung der Genehmigung angegriffen, wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts München mitteilte.
Was sagt die bayerische Staatsregierung?
Die bayerische Staatsregierung hatte die zum 1. April 2024 in Kraft getretene Teil-Legalisierung stets kritisiert und keinen Hehl daraus gemacht, sie mit Regeln so weit wie möglich einschränken zu wollen. Etwa gilt in Bayern ein komplettes Cannabis-Konsumverbot auf Volksfesten und in Biergärten sowie in einigen Parks.
Was sagen die Cannabis-Clubs?
Der Dachverband der bayerischen Cannabis Social Clubs kritisiert die Bayerische Staatsregierung scharf und spricht von „systematischer Sabotage durch ministerielle Weisung“. Das Ministerium habe allen Bauämtern einen „Maulkorb“ verpasst und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) setze alles daran, die Bundesgesetzgebung durch planungsrechtliche Tricksereien zu sabotieren.
Konkret werde den Clubs erst eine Genehmigung in Aussicht gestellt, dann komme ein Machtwort aus dem Ministerium, dass alles wieder abwürge. Bei einem Club im Landkreis Rosenheim habe es etwa erst eine mündliche Zusage gegeben, dass keine Baugenehmigung nötig sei, nach Beginn der Umbauarbeiten habe es dann geheißen, dass es doch eine brauche und diese aufgrund von „rechtlich erfundenen bodenrechtlichen Spannungen“ abgelehnt worden sei.
„Das ist kein Zufall, das ist System“, sagt Emanuel Burghard vom Dachverband. Bayern brauche jetzt bundesweite Unterstützung, sonst sei die gesamte Cannabis-Reform umsonst gewesen, warnt Willi Kappes, ebenfalls vom Dachverband.
Warum wurden Genehmigungen für Anbauvereine abgelehnt?
Im November letzten Jahres wurde erstmals über den Antrag einer Anbauvereinigung in Bayern entschieden: Der Cannabis Social Club CSC-Minga erhielt keine Genehmigung. Die Begründung des LGL: jedes Vereinsmitglied müsse am Anbau der Pflanzen beteiligt sein.
In der Satzung des Vereins stand, dass sich nicht jedes Vereinsmitglied auch tatsächlich aktiv am Anbau beteiligen müsse, sondern alternativ beispielsweise auch bei Social-Media-Aktivitäten helfen könne. Damit habe man laut Erdinc Tuncer, dem Vorstandsvorsitzenden des Vereins, auch Menschen mit Behinderungen einschließen wollen, die sich nicht aktiv am Anbau beteiligen können. Er warf dem LGL eine „willkürliche Vorgehensweise“ vor.
Ein weiterer bekannter Fall aus Bayern ist der vom selbst ernannten „Hasch-Pionier“ Wenzel Cerveny. Sein Antrag für einen Cannabis-Club wurde ebenfalls abgelehnt. Sein Fall hatte Schlagzeilen gemacht, weil die Stadt in unmittelbarer Nähe zum geplanten Verein einen kleinen Spielplatz errichtet hatte, um die Genehmigung zu verhindern. Im August muss er seinen Laden nun räumen. Aktuell läuft darüber hinaus noch ein Verfahren gegen ihn: Im Frühjahr hatte die Staatsanwaltschaft in seinem Laden in Aschheim bei München fast 1.500 Cannabis-Steck- und Setzlinge beschlagnahmt. Cerveny geht davon aus, dass der Anbau und der Verkauf vom neuen Cannabisgesetz gedeckt sind, die Staatsanwaltschaft sieht das anders.
Wie ist die rechtliche Lage auf Bundesebene?
Im Februar letzten Jahres verabschiedet die Ampelkoalition das sogenannte Cannabisgesetz, am ersten April trat es in Kraft. In einem ersten Schritt wurden zunächst der Besitz, private Anbau und Konsum bestimmter Mengen Cannabis für Erwachsene erlaubt, seit dem ersten Juli dürfen Cannabis-Clubs genehmigt werden. Diese dürfen staatlich kontrolliert unter strengen Auflagen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben.
Was dürfen Cannabis-Clubs, was nicht?
Anbauvereinigungen dürfen pro Kalendermonat höchstens sieben Samen oder fünf Stecklinge, oder höchstens insgesamt fünf Samen und Stecklinge weitergeben, und zwar nur an Mitglieder, oder an Menschen, die mindestens 18 Jahre alt sind und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Der Versand und die Lieferung von Stecklingen sind verboten.
Wie ist die Lage von Cannabis-Clubs in anderen Bundesländern?
Bundesweit wurden bisher 293 Cannabis-Clubs genehmigt. Das ergab eine Recherche der dpa bei den zuständigen Ämtern in den Ländern. Mit insgesamt 83 genehmigten Anbauvereinigungen in Nordrhein-Westfalen und 55 in Niedersachsen liegen die beiden Länder, die an die Niederlande grenzen vorn. Darauf folgen Rheinland-Pfalz mit 27 und Baden-Württemberg mit 23 genehmigten Clubs.
Auf den letzten Plätzen liegen das Saarland mit bisher noch keinem genehmigten Club, Mecklenburg-Vorpommern mit drei, Thüringen mit sechs, Berlin mit sieben und Schleswig-Holstein mit neun genehmigten Clubs.