Senat und Wohnungswirtschaft setzen beim Wohnungsbau auf mehr Tempo. Aber nicht alle glauben, dass das auch klappt. Auch aus der Bauindustrie gibt es mahnende Worte.
An der Fortsetzung des Berliner Wohnungsbündnisses unter neuen Vorzeichen gibt es laute Kritik. Die Zielmarke von jährlich 20.000 neuen Wohnungen sei nur mit deutlich mehr als wohlklingenden Absichtserklärungen zu erreichen, so der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, Robert Momberg. Die Bündnisfortschreibung sei ein wichtiges Bekenntnis. „Aber Papier allein baut keine Wohnungen.“
Auch nach Einschätzung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner muss das Tempo beim Neubau von Wohnungen anziehen. „Der Wohnraummangel ist immens“, sagte der CDU-Politiker nach einer Sitzung des Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen im Roten Rathaus unter seiner Leitung.
Auf das im Juni 2022 noch unter dem rot-grün-roten Vorgängersenat gestartete Bündnis soll nicht verzichtet werden. „Wir können diese Herausforderung nicht im Gegeneinander wuppen, nur im Miteinander“, sagte Wegner. Nach mehr als drei Jahren gibt es eine aktualisierte Bündnisvereinbarung. Nötig sei eine noch stärkere Fokussierung auf den Neubau, so der Regierende Bürgermeister.
Grüne werfen Wegner PR-Gags vor
Momberg betonte, nötig seien verlässliche Förderzusagen, zügige Genehmigungsverfahren und eine konsequente Strategie zur Kostendämpfung im Wohnungsbau. „Symbolpolitik und Koordinierungsgremien allein werden den Wohnraummangel nicht beheben.“
Die Grünen-Fraktion forderte „echten Mieterschutz statt PR-Gags“. „Auch nach mehr als drei Jahren bleibt das sogenannte Wohnungsbündnis des Senats wirkungslos“, so deren wohnungspolitische Sprecherin Katrin Schmidberger.
„Noch schlimmer: CDU und SPD inszenieren sich als Problemlöser, während sie systematisch die Profite der Immobilienwirtschaft sichern, den Volksentscheid zur Vergesellschaftung und den Mieterschutz aber ausbremsen.“
Schmidberger forderte ein Ende des „Kuschelkurses gegenüber renditegetriebenen Konzernen“. Die Grünen sprechen sich unter anderem für ein Wohnungskataster aus. Regelverstöße müssten zum „Marktausschluss“ führen. Ein zentrales Landesamt für Wohnungswesen soll die Kontrolle und Durchsetzung übernehmen.
Wegner hält am Neubauziel des Senats fest
Wegner betonte dagegen, der Senat halte an seinem Ziel fest, 20.000 Wohnungen im Jahr fertigzustellen. Das gibt es seit dem Start vor drei Jahren – erreicht ist es bisher nicht. Jetzt komme es darauf an, dafür zu sorgen, dass es beim Neubau noch schneller vorangehe.
Laut dem Berliner Stadtentwicklungsplan gibt es bis 2040 einen Bedarf an rund 220.000 zusätzlichen Wohnungen. Der Senat will deshalb die Entwicklung neuer Stadtquartiere weiter vorantreiben.
Bausenator Christian Gaebler (SPD) wies darauf hin, Berlin habe mit dem Bündnis schon einiges erreicht und in den vergangenen drei Jahren rund 50.000 Wohnungen fertiggestellt. Das seien zwar nicht die eigentlich angepeilten 60.000. „Aber 83 Prozent Zielerreichung – die muss man bundesweit erst mal suchen.“ Damit sei Berlin schon ganz gut unterwegs.
Maren Kern aus dem Vorstand des BBU Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen hatte bereits Ende September ein „Wohnungsbündnis 2.0“ gefordert – und sieht das mit der neuen Vereinbarung erreicht.
„Der Wohnungsmarkt muss entspannt werden, und das geht nur durch Wohnungsneubau“, sagte sie. Die Rahmenbedingungen seien noch schwieriger geworden. Kern sprach hohe Baukosten und hohe Finanzierungszinsen für die Bauwirtschaft an. Umso wichtiger sei, Bauvorschriften künftig deutlich zu vereinfachen.
Neue Bündnisvereinbarung wurde nachgeholt
Das Treffen des Bündnisses, das zum neunten Mal zusammengekommen ist, und auch die neue Bündnisvereinbarung waren ursprünglich schon für Mitte Mai geplant, wurden damals aber aus „terminlichen Gründen“ kurzfristig abgesagt.
An dem Bündnis hat es seit seinem Start immer wieder Kritik gegeben. Wichtige Akteure wie der Berliner Mieterverein und der Zentrale Immobilien-Ausschuss waren von Anfang an nicht dabei.
Andere wie das Immobilienunternehmen Adler sind zwischenzeitlich ausgestiegen, Vonovia hielt sich nicht an die Absprachen zu Mieterhöhungen. Deshalb soll es nun als „Verbändebündnis“ weitergehen, also ohne einzelne Unternehmen aus der Immobilienbranche.