Hochschulpakt: Demo gegen Kürzungen an Unis – „Bildung statt Bomben“

Zwei Studiengänge sind schon gestrichen. 14 Hochschulen ringen mit dem Land Hessen um Lösungen bei ihrer Sparfinanzierung. Eine Kundgebung soll ihre Position stärken. Was sagen die Demonstranten?

Rund 200 bis 300 Studierende und Beschäftigte haben laut Polizei in Wiesbaden vor der hessischen Staatskanzlei gegen die schwarz-roten Sparpläne für die Hochschulen im Land demonstriert. Sie riefen Sprechchöre wie „Bildung statt Bomben“ in Anspielung auf Deutschlands geplante Steigerung der Verteidigungsfähigkeit und „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Bildung klaut“.

Henrike Arnold von der Gewerkschaft GEW kritisierte, schon jetzt herrsche Personalmangel an Hochschulen. An ihrer Uni in Marburg müssten wissenschaftliche Mitarbeiter Seminare teils für 60 statt für 30 Studierende halten, zeitweise Sekretariatsaufgaben übernehmen und um die Verlängerung ihrer Arbeitsverträge bangen. Manche hätten daher psychische Probleme.

Die Demonstranten zogen anschließend zum Wissenschaftsministerium, um dort die Senatorinnen und Senatoren der staatlichen Hochschulen in Hessen bei einem Treffen mit Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) und Finanzminister Alexander Lorz (CDU) zu unterstützen.

Das Wissenschaftsministerium verhandelt seit einem guten Jahr hinter verschlossenen Türen mit den Präsidenten und Kanzlern der 14 staatlichen Hochschulen über den Hessischen Hochschulpakt. Dieser legt die Ziele für die Hochschulen und deren Finanzierung fest. Als möglicher Tag der Unterzeichnung steht laut der Konferenz Hessischer Universitätspräsidien der kommende Donnerstag im Raum.

Hochschulen befürchten ihre Schwächung

Die 14 Hochschulen warnen vor ihrer Unterfinanzierung. Die Pläne würden zu einem Defizit von rund einer Milliarde Euro in den nächsten sechs Jahren führen. Das werde einen dauerhaften Abbau von zehn Prozent des Personals in Wissenschaft, Kunst und Verwaltung zur Folge haben, betonten sie in einer Stellungnahme vom Juni.

Ihre Senatorinnen und Senatoren ergänzten mit Blick auf ihr aktuelles Treffen mit den Ministern Gremmels und Lorz, die Kürzungen würden „auch durch die geplanten jährlichen Aufstockungen der Finanzzuweisungen nicht ausgeglichen. Der geplante Hochschulpakt wird die hessischen Hochschulen nachhaltig schwächen.“ Sie forderten „eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen, den vollen Ausgleich von Tarifsteigerungen sowie Inflation und einen jährlichen Aufwuchs der Finanzmittel“.

Eine auch nur mittelfristige Unterfinanzierung würde sich laut den Senatorinnen und Senatoren dagegen über mehrere Jahrzehnte negativauf den Forschungsstandort Hessen auswirken. „Eine Verstärkung bereits bestehender Wettbewerbsnachteile für die hessischen Hochschulen im Vergleich zu den Hochschulen anderer Bundesländer ist die zwingende Konsequenz“, hieß es weiter. 

Land verweist auf Spardruck und sinkende Steuereinnahmen

Das Wissenschaftsministerium verwies auf den allgemeinen Spardruck bei den Landesfinanzen angesichts der schwächer gewordenen Wirtschaft und sinkender Steuereinnahmen. Mit Blick auf landesweite Demos in hessischen Hochschulstädten am 8. Juli hatte Wissenschaftsminister Gremmels seinerzeit betont: „Wir sehen Studierende und Beschäftigte nicht als Gegner.“

Sebastian Ehlers, Vorstandsmitglied der hessischen Landes-ASten-Konferenz und Student der Uni Kassel, warnte nun laut Mitteilung: „Besonders hart trifft es die Hochschulen für angewandte Wissenschaften oder auch die kreativen Studiengänge der Kunsthochschulen. Es droht zudem die massenhafte Entlassung studentischer Hilfskräfte.“ Dabei brauchten diese endlich einen Tarifvertrag.

Die Frankfurt University of Applied Sciences (UAS) hatte bereits zwei ingenieurwissenschaftliche Studiengänge gestrichen. Der Senat der Hochschule sprach von „schmerzhaften Weichenstellungen zur Vorbereitung auf den Hessischen Hochschulpakt“.

Grüne verweisen auf gelockerte Schuldenbremse

Die FDP-Opposition im Landtag mahnte: „Hochschulen bilden Fachkräfte aus und haben einen direkten Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Schwarz-Rot darf die Zukunft Hessens nicht weiter aufs Spiel setzen.“

Die oppositionellen Grünen im Landtag erklärten: „Durch die Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse hat auch das Land Hessen einen zusätzlichen Finanzierungsspielraum von einer Milliarde Euro pro Jahr.“ Die Grünen forderten, „dass die Hochschulen noch in diesem Jahr 100 Millionen Euro mehr vom Land erhalten. Damit könnten sie die Tarif- und Besoldungssteigerungen finanzieren.“ 

Linke: Regierung untergräbt Wissenschaftsfreiheit

Die nicht mehr im Landesparlament vertretene Linke urteilte mit Blick auf die Sparmaßnahmen: „Die Landesregierung untergräbt die grundgesetzlich verankerte Wissenschaftsfreiheit.“