Zehntausende Menschen leben in Thüringen auf potenziellen Überflutungsflächen. So schätzt die Deutsche Umwelthilfe das Risiko ein und stellt Forderungen an die Politik.
Thüringen gehört laut einer Analyse der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zu den Bundesländern mit einem sehr hohen Schadenspotenzial durch Jahrhunderthochwasser. Der Verein hat aus Daten des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherer und der Bundesanstalt für Gewässerkunde einen Hochwasser-Risikograd errechnet. Dieser liegt in Thüringen bei 6,98. Am höchsten ist der Wert demnach in Bayern (8,29) und am niedrigsten in Berlin (3.01).
Die DUH in Berlin hat dafür den Angaben zufolge Flächen, in denen bei einem sogenannten Jahrhunderthochwasser signifikante Schäden zu erwarten sind, mit der Zahl der Wohnadressen verrechnet, die davon betroffen wären. Das Risiko sei also dann besonders hoch, wenn ein Land insgesamt eine große Hochwasserrisikofläche hat und gleichzeitig viele Wohnadressen in den möglichen Überschwemmungsgebieten liegen.
Zehntausende Adressen im Freistaat bedroht
In Thüringen gelten der Studie zufolge 2,85 Prozent der Landesfläche als Hochwasserrisikogebiete. Die größten Anteile von Risikoflächen am Landesgebiet – also Fläche mit einem Schadenspotenzial bei einem Jahrhunderthochwasser – haben Nordrhein-Westfalen (6,8 Prozent), Brandenburg (6,2 Prozent) und Sachsen-Anhalt (5,9 Prozent). Von einem Jahrhunderthochwasser könnten im Freistaat 20.439 Wohnadressen betroffen sein. In Bayern liegen nach absoluten Zahlen mit 65.517 die meisten Wohnadressen in potenziell von einem Jahrhunderthochwasser betroffenen Gebieten.
Ein Jahrhunderthochwasser ist statistisch gesehen einmal alle 100 Jahre zu erwarten. Die DUH weist aber darauf hin, dass sich die Werte auf Messreihen aus der Vergangenheit beziehen. „Im Zuge der Klimakrise sind Wasserstände dieser Höhe zukünftig häufiger zu erwarten“, hieß es.
Kritik an mangelnder Vorsorge
Zugleich bemängelt der Verein, die Bundesländer täten zu wenig für den Schutz der potenziell Hunderttausenden Betroffenen. „Bei der dringend erforderlichen Anpassung und Vorsorge muss der Fokus stärker auf naturbasierten Hochwasserschutz gelegt werden“, forderte Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. „Flüsse und Bäche brauchen endlich mehr Raum, Wasser muss in intakten Wäldern, Wiesen und Feuchtgebieten zurückgehalten werden.“
Maßnahmen zum Rückbau seien äußerst relevant, um neue freie Flächen für die Wiederanbindung von Auen zu gewinnen und gleichzeitig Gebäude und Infrastruktur aus der Hochwassergefahrenzone auf sichere Standorte zu verlagern, hieß es. Thüringen gab laut der DUH an, Bebauung im Überschwemmungsgebiet zurückgebaut zu haben, konnte jedoch keine konkreten Kosten nennen.