Sommerfrische: Papst kehrt in Sommerresidenz Castel Gandolfo zurück

Von Franziskus wurde die päpstliche Sommerresidenz nie genutzt. Sein Nachfolger Leo XIV. macht dort jetzt wieder Ferien. Sogar einen Tennisplatz hat er anlegen lassen. Aber einiges fehlt noch.

Auf dem Schreibtisch steht immer noch eine kleine Bayern-Flagge, die weiß-blauen Rauten. Dort findet sich auch das „Lexikon für Theologie und Kirche“ in deutscher Sprache, zehn Bände samt Register und Zusatzband. Als ob der deutsche Papst Benedikt XVI., gestorben am Silvestertag 2022, im Apostolischen Palast von Castel Gandolfo noch jederzeit ins Büro kommen könnte. Viel tut sich hier nicht.

Doch nach zwölf Jahren sowohl Sommer- als auch Winterschlaf ist es in dem 9.000-Seelen-Städtchen südöstlich von Rom mit der Ruhe nun wieder vorbei. Heute kehrt wieder ein Papst nach Castel Gandolfo zurück: Der neue Pontifex Leo XIV., zwei Monate im Amt, bezieht seine Sommerresidenz – so wie fast alle Oberhäupter der katholischen Kirche vier Jahrhunderte lang.

Franziskus blieb den Sommer über stets im Vatikan

Nur einer nicht: sein unmittelbarer Vorgänger Franziskus. Der Argentinier verbrachte den Sommer stets im Vatikan, in seiner Wohnung im Gästehaus Santa Marta – genauso, wie er als Erzbischof von Buenos Aires nie in Urlaub fuhr. „Das ist nicht meine Art“, erzählte er einmal. „Ich ruhe mich lieber zu Hause aus.“ Außerdem gehörte das für den Mann aus einfachen Verhältnissen zur selbstverständlichen Bescheidenheit.

Was das Programmatische angeht, folgt Franziskus‘ Nachfolger bislang der Linie seines Vorgängers. In Äußerlichkeiten allerdings nicht: Mit dem Urlaub in Castel Gandolfo nimmt der erste Papst aus den USA eine weitere Tradition wieder auf, mit der der Argentinier gebrochen hatte: so wie er häufiger Ornat trägt, auch das goldene Brustkreuz, größere Autos fährt und im Vatikan zurück in die Papstgemächer ziehen will. Allerdings müssen die Räume nach dem langen Leerstand erst noch renoviert werden. 

Ein Papst in Badehose

Und nun also auch nach Castel Gandolfo, in die Berge oberhalb des Albaner Sees, eine halbe Autostunde von Rom. In der Sommerfrische ist die Luft erträglicher als in der Hauptstadt, wo sich die Temperaturen seit Wochen auf 40 Grad hin bewegen. Der Papstpalast in der Provinz gehört bereits seit 1596 dem Vatikan. Später kamen noch zwei weitere Villen hinzu. Das Gelände ist sogar zehn Hektar größer als die Vatikanstadt.

Der erste Pontifex, der hier im Juli und August eine Auszeit nahm, hieß Urban VIII. (1623-1644). Seither wurde der Palast von den Päpsten gern genutzt. Der Pole Johannes Paul II. (1978-2005) ließ sogar einen Swimmingpool bauen – und sorgte prompt für Schlagzeilen, weil ihn Paparazzi in der Badehose erwischten. Benedikt zog sich nach seinem überraschenden Rücktritt sogar für eine Weile ganz nach Castel Gandolfo zurück.

Noch dürfen Besucher in den Apostolischen Palast

Aus dieser Zeit stammt eines der wenigen Fotos mit Franziskus, die von dort existieren: Der alte und der neue Papst machten im Palast 2013 eine Art Amtsübergabe. Die letzten Lebensjahre verbrachte Benedikt aber in der Vatikanstadt. Franziskus ließ den Palast 2016 zum Museum erklären. Jetzt dürfen auch Touristen hinein.

Allerdings machten sich, seit Castel Gandolfo im Sommer nicht mehr Zentrum des katholischen Geschehens war, kaum noch Besucher dorthin auf den Weg. Hoteliers, Gastwirte und Souvenirhändler hoffen nun wieder auf bessere Geschäfte. Allerdings geht es nicht so richtig voran: Im Palast merkt man nirgendwo, dass es einen neuen Pontifex gibt. Auf der Ahnentafel der Päpste ist Franziskus noch am Leben. Und die Souvenirhändler klagen schwer, dass es immer noch keine Postkarten mit Leo gibt.

Swimmingpool, Tennis Court und Boccia-Platz

Dafür hat sich der neue Papst nach einem Bericht des „Corriere della Sera“ schon einen Tennisplatz anlegen lassen: Der 69-Jährige spielt immer noch. Außer dem Schwimmbad gibt es auch einen Boccia-Platz. Wohnen wird Leo selbstverständlich nicht im Museum, sondern in der Villa Barberini, einem Nebengebäude in der Innenstadt. Am Donnerstag kam er schon einmal unangekündigt vorbei.

Offensichtlich will es Leo die nächsten beiden Wochen tatsächlich ruhiger angehen lassen. Alle Audienzen ließ er absagen. Die ersten zwei Monate im Amt hatte das neue Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken viele Termine gemacht, um sich um interne Dinge zu kümmern: In der Kurie, dem Machtapparat der Kirche, gab es doch einigen Unmut über Franziskus. Auf Reisen ins Ausland verzichtete er bislang. Er gab auch nur ein einziges, nichtssagendes Interview. 

Sonntagsgebet nicht auf dem Petersplatz

Einige Termine hat Leo die nächsten beiden Wochen aber doch. So will er das allsonntägliche Angelus-Gebet, wozu normalerweise Zehntausende auf den Petersplatz kommen, nächste Woche in Castel Gandolfo sprechen. Am 20. Juli geht es für eine Weile zurück nach Rom. Das Mariä-Himmelfahrt-Wochenende am 15. August, Höhepunkt der Feriensaison in Italien, verbringt er aber wieder in der Sommerresidenz. In der Pfarrkirche will er dann auch die Messe feiern. 

Eine Entscheidung steht noch aus: ob der Apostolische Palast in Castel Gandolfo weiterhin für Besichtigungen geöffnet bleibt. Der Direktor der Päpstlichen Villen, Andrea Tamburelli, sagt: „Die Entscheidung über seine Zukunft liegt beim Papst.“ Viele in dem Städtchen erwarten, dass Leo vom nächsten Sommer an den Palast als Unterkunft nutzen wird, so wie die meisten Vorgänger. Die bayerische Flagge auf dem Schreibtisch käme dann weg.