Landtag: Von Investitionen, Kraftakten und Vergangenheitsbewältigung

Großer Schritt in die Zukunft oder Bewältigung der Vergangen? Die Meinungen zum Sofortprogramm des Landes für die Kommunen und eine angekündigte Investitionsoffensive gehen weit auseinander.

Vorgeschmack auf den Wahlkampf im kommenden Jahr: Ampelregierung und Opposition liefern sich im Anschluss an eine Regierungserklärung von Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) im rheinland-pfälzischen Landtag einen Schlagabtausch. 

Schweitzer kündigt Geld für die Kommunen im Land und eine Investitionsoffensive an, sieht finanzielle Grundlagen für die Zukunft gelegt, lobt die konstruktive Arbeit seiner Ampel. Oppositionschef Gordon Schnieder von der CDU geht den Regierungschef verbal hart an und wirft der rot-gelb-grünen Regierung Versäumnisse vor. 

„Moderner Robin Hood

Schweitzer stellte in seiner zweiten Regierungserklärung seit seiner Wahl zum Regierungschef vor rund einem Jahr ein 600 Millionen Euro schweres Sofortprogramm für die Kommunen vor. Schnieder warf ihm vor, einen „modernen Robin Hood“ zu geben, mit dem Geld aber nur Missstände kaschieren zu wollen, die er selbst mitzuverantworten habe. 

Die 600 Millionen Euro für die Kommunen stammen aus den Rücklagen des Landes. Sie sollen Kommunen über einen Nachtragshaushalt noch in diesem Sommer für 2025 und 2026 zur Verfügung gestellt werden. Nach der geplanten Entnahme dieses Geldes wird die Rücklage laut Staatskanzlei voraussichtlich noch 2,1 Milliarden Euro betragen.

Geld wird über besonderen Schlüssel verteilt

Verteilt werden sollen die 600 Millionen Euro über einen Schlüssel, der sich an den Sozialausgaben der Kommunen orientiert, wie Schweitzer erklärte. Die Zuweisung erfolge über den Kommunalen Finanzausgleich, das Programm werde rasch wirken. Es sei ein Kraftakt für alle Beteiligten, aber es brauche nun Dynamik. 

„Unsere Städte und Gemeinden sind Herz und Rückgrat des Landes“, sagte Schweitzer. Kommunale Schwimmbäder sollten ihre Öffnungszeiten, Stadtbüchereien und Volkshochschulen ihre Angebote aufrechterhalten können. „Es geht um Politik, die im Alltag der Menschen ankommt.“

Schnieder spricht von strukturellen Versäumnissen

Flankiert werden soll das Sofortprogramm von einem „Rheinland-Pfalz-Plan für Bildung, Klima und Infrastruktur“. Er speist sich aus dem Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes mit insgesamt 100 Milliarden Euro über zwölf Jahre. 

Für Rheinland-Pfalz bringe es rund 4,8 Milliarden Euro, sagte Schweitzer. Ab kommender Woche liefen Gespräche mit kommunalen Spitzenverbänden zu einer Investitionsoffensive, unter Einbindung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, sagte der Regierungschef. 

CDU-Fraktionschef Schnieder hielt dagegen, die Ausgangslage für eine „echte Investitionsoffensive“ sei schwierig. Während andere Bundesländer mit den Mitteln des Sondervermögens in ihre Zukunft investierten, gehe es der zerstrittenen Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz um Vergangenheitsbewältigung. 

Bollinger spricht von Tropfen auf den heißen Stein

Die Regierung stelle jeweils 300 Millionen Euro 2025 und 2026 für 41 Kommunen bereit, konkret für alle Landkreise, kreisfreie Städte und großen kreisangehörigen Städte mit einem Jugendamt, sagte Schnieder. Diese 41 Kommunen würden aber allein 2025 ein Haushaltsdefizit von einer Milliarde Euro haben, monierte der CDU-Fraktionschef. 

Für AfD-Fraktionschef Jan Bollinger kommt das Programm des Landes zu spät. Es sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Der wichtigsten Aufgabe, Verwaltungsreformen umzusetzen, Bürokratie und Sozialausgaben zu senken, kommt die Landesregierung nicht nach.“

Verbände sehen weiteren Handlungsbedarf

Aktuell geht die Stadt Pirmasens juristisch gegen das Land vor – stellvertretend für die Mitglieder des Städtetages – und fordert eine bessere finanzielle Versorgung der Kommunen. Der Städtetag hatte kritisiert, Ausgaben insbesondere im Jugend- und Sozialbereich stiegen ungebremst, die Einnahmen seien nicht auskömmlich. 

Der Geschäftsführende Direktor Michael Mätzig teilte nun mit, es sei bemerkenswert, dass Schweitzer kurz nach der Klage die Kommunen in den Fokus seiner Regierungserklärung stelle. Der Gemeinde- und Städtebund sieht zwar wichtige Weichen gestellt, nach wie vor brauche es aber nachhaltige Lösungen, betonten der Vorsitzende Ralph Spiegler und der Geschäftsführer Moritz Petry. Der Landkreistag teilte mit, trotz des angekündigten Geldes bleibe die Lage der Kommunalfinanzen dramatisch.

Wink: Geld muss zielgerichtet eingesetzt werden

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Pia Schellhammer sprach dagegen von einer „beispiellosen Investitionsoffensive“. Zur Wahrheit gehöre auch, dass Kommunen nicht immer nur mehr Geld fordern könnten. Sie müssten auch bereit sein, ihre Strukturen an die Erfordernisse der Zeit anzupassen.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Steven Wink betonte, entscheidend sei nun ein zielgerichteter Einsatz des Geldes bei der Investitionsoffensive, in eine gut ausgebaute Infrastruktur, Bildung, wohnortnahe Gesundheitsversorgung und einen funktionierenden Rechtsstaat. 

Schwierige Wochen für Ampel-Koalition

Bei der Aufzählung von Schwerpunkten der „Investitionsoffensive“ nannte Schweitzer in seiner Regierungserklärung Mitglieder seines rot-gelb-grünen Kabinetts namentlich. Er sprach bei Investitionen in Hochwasserschutz und klimafreundliche Mobilität etwa die Umweltministerin als „liebe Katrin Eder“ an, bei Geld für Gebäude, Straßen, Wege und Brücken die Verkehrs- und Wirtschaftsministerin als „liebe Daniela Schmitt“.

Ein Zufall dürfte das nicht gewesen sein nach für die Ampel-Koalition schweren Wochen voller Debatten rund um das auch innerhalb des Bündnisses umstrittenen Jagd- und Klimaschutzgesetzes.

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