Eineinhalb Jahre haben Kommunen und Landesregierung beraten. Jetzt gibt es eine Strategie für eine „Integrationspolitik aus einem Guss“, wie Ministerin Binz sagt.
„Integrationsmanager“ sind der Kern der neu entwickelten Kooperationsstrategie der kommunalen Spitzenverbände und der Ampel-Regierung in Rheinland-Pfalz. Ziel des rund 40 Seiten starken Konzepts sei es, Menschen mit Migrationsgeschichte besser zu unterstützen, ihre Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern sowie die Daueraufgabe Integration gemeinschaftlich tragfähig und nachhaltig aufzustellen, hieß es in Mainz bei der Vorstellung von allen Seiten.
Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) sprach von einem „Meilenstein gemeinsamer Verständigung“ mit den Kommunen und einer „Integrationspolitik aus einem Guss“.
Was sind Integrationsmanager?
Alle 36 kreisfreien Städte und Landkreise sollen künftig einen Integrationsmanager einstellen können. Gefördert werde jeweils eine Vollzeitstelle mit bis zu 60.000 Euro, zuzüglich Sachkosten in Höhe von 20.000 Euro, kündigte Binz an.
Im laufenden Jahr seien dafür eineinhalb Millionen Euro und im kommenden Jahr drei Millionen Euro im Haushalt vorgesehen, die Finanzierung solle aber auch in den nächsten Jahren im Haushalt verstetigt werden. Nach der Sommerpause könnten die Kommunen die Anträge stellen, sagte Binz.
Welche Aufgabe haben die Integrationsmanager?
Die Vernetzung der Integrations-Akteure und – Angebote innerhalb der Kommune ist eine zentrale Aufgabe. Dazu gehört, Ansprechpartner für die zahlreichen Ehrenamtlichen zu sein. Die Integrationsmanager sollen sich überlegen, wie die Querschnittsaufgabe in den Verwaltungen abgebildet werden können, hieß es.
Ein Netzwerk mit anderen Kommunen schaffen und dabei best-practice-Beispiele sichtbar machen, gehört auch zu den Aufgaben, wie Christiane Döll vom Städtetag Rheinland-Pfalz sagte. Sie sprach von einer Lotsenfunktion. Und es geht um die Kommunikation und Vernetzung der Integrationsmanager mit der Landesregierung. Es solle ein Netz geschaffen werden, das ineinander greife, sagte Binz. Ziel seien einheitliche Strukturen.
Gibt es ein Beispiel?
Binz nannte eine Familie, die neu in eine Kommune zieht, und zeitgleich eine Wohnung, einen Kita- und Schulplätze finden muss und die Sprachkurse, Übersetzungshilfen und Beratungstermine braucht. Ein Integrationsmanager könne mit regelmäßigen Gesprächsrunden – etwa zwischen Jugendamt, Schule und Ehrenamtsnetzwerken – sicherstellen, dass die Maßnahmen ineinander greifen und dort, wo Lücken sind, unterstützen.
„Vor Ort sollen maßgeblich die Bedarfe erkannt und passgenaue Lösungen entwickelt werden – vom ersten Behördengang über die Suche nach einem Kitaplatz bis hin zur Teilhabe im Verein oder bei der Arbeitssuche“, sagte Binz.
Wie viele Menschen mit Migrationsgeschichte gibt es?
Auch Rheinland-Pfalz sei ein Einwanderungsland, betonte Binz und hob die Chancen etwa mit Blick auf den Fachkräftemangel hervor. 28 Prozent der rund vier Millionen Bürger und Bürgerinnen im Land hätten eine Zuwanderungsgeschichte, entweder selbst oder ihre Familien.
Wie entwickelt sich die Zuwanderung?
„Die Zugangszahlen sind zurückgegangen, aber die Lage bleibt angespannt“, sagte Döll. Rund 2.600 Asylsuchende seien in diesem Jahr nach Rheinland-Pfalz gekommen, sagte Binz. Die Zahl gehe weiter zurück, insbesondere aus Syrien kämen deutlich weniger Menschen. Die Zahl der Geflüchteten und Vertriebenen aus der Ukraine steige dagegen – auf fast 4.000 in diesem Jahr. Dabei sei allerdings die Fluktuation sehr hoch, viele gingen auch wieder zurück.
Fast 55.900 Asylbegehrende und Menschen aus der Ukraine waren es 2022. Seither sind die Zahlen deutlich zurückgegangen. 2024 waren es rund 20.800 und 2023 etwa 24.900.
Wie stark sind die Erstaufnahmeeinrichtungen ausgelastet?
Derzeit gibt es 5.820 Plätze in den Afas (Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende). Belegt seien 55 Prozent, hieß es vom Integrationsministerium. Zu den regulären Plätzen kommen noch 660 sogenannte Notfallkapazitäten. Bis zu 150 Menschen könnten pro Woche auf die Kommunen verteilt werden, es seien aber deutlich weniger.
Gibt es auch Kritik von den Kommunalen Spitzenverbänden?
Mit den Integrationsmanagern allein könnten die herausfordernden Aufgaben sicherlich nicht allein bewältigt werden, sagte Steffen Antweiler vom Gemeinde- und Städtebund des Landes. Integration dürfe nicht davon abhängig sein, dass sich eine Kommune freiwillige Leistungen leisten könne. Gerade finanzschwache Orte bräuchten auch mehr Geld.
Die Landesregierung habe 2026 insgesamt 17,7 Millionen Euro für Integrationsmaßnahmen im Haushalt vorgesehen, sagte Binz. Davon fließe auch viel in die Kommunen.
Wenn Integration scheitere, koste sie den Staat und die Gesellschaft viel mehr Geld, betonte Andreas Göbel vom Landkreistag. Es müsse aber zwischen Bildungs-, Arbeitskräfte- und humanitärer Zuwanderung differenziert werden, weil diese Gruppen unterschiedliche Bedürfnisse hätten. Besonders bei Familien mit jahrelanger Fluchterfahrung müsse dem Risiko der sozialen Erschöpfung entgegengewirkt werden.
Es gehe auch um die „aktive Bringschuld“ der Zugewanderten, damit keine Parallelgesellschaften entstünden, betonte Göbel. Für die Prävention gegen Rassismus, Antisemitismus und Hass müssten zugleich vor allem Bildungsangebote gestärkt werden, schon bei Kleinkindern.
Was hält der Flüchtlingsrat von der Strategie?
Der Verein bedauert, bei der Erarbeitung des Konzepts mit seiner Fachexpertise nicht einbezogen worden zu sein. Aber: Der Flüchtlingsrat fordere seit vielen Jahren, Integration als kommunale Pflichtaufgabe festzuhalten, hieß es. „Deshalb erhoffen wir uns von der Vereinbarung, dass sie die Kommunen in die Pflicht nehmen wird, Integration von Anfang an mitzudenken.“ Mit hauptamtlichen Stellen könnten Ressourcen gebündelt und ehrenamtliche Initiativen entlastet werden.
Kommunen und Landkreise, die bisher nicht auskömmlich finanziert sind, müsse aber geholfen werden, langfristige strukturelle Unterstützungsstrukturen aufzubauen.