Kriminalität: Schwimmbad Gelnhausen – Sorgen nach Belästigungs-Vorwürfen

„Alleine wäre ich hier nicht geblieben“: Wie Mädchen und Eltern nach den Vorfällen im Freibad mit ihrer Unsicherheit umgehen.

Schwimmer ziehen mit kräftigen Schlägen ihre Bahnen, Badegäste aalen sich auf der Liegewiese in der Sonne oder dösen im Schatten vor sich hin. Ein Badetag scheinbar wie aus dem Bilderbuch im Freibad in Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis). Doch die Idylle trügt: Bei den Besucherinnen und Besuchern sorgen die Berichte über mutmaßliche sexuelle Belästigungen an mehreren Mädchen vor gut einer Woche für Betroffenheit und Besorgnis.

„Alleine wäre ich hier nicht geblieben“

Sie habe schon ein komisches Gefühl gehabt, sagt eine Zwölfjährige beim Verlassen des Schwimmbads. „Ich finde es krass, dass Leute so etwas bei Kindern machen“, sagt die Schülerin. An diesem Tag war sie mit ihrer Klasse zum Ausflug im Barbarossabad. Durch die Anwesenheit der Lehrer habe sie sich sicherer gefühlt. „Alleine wäre ich hier nicht geblieben.“

Die Ermittler gehen nach Angaben der Staatsanwaltschaft Hanau derzeit von acht weiblichen Opfern im Alter von 11 bis 16 Jahren aus. Tatverdächtig sind vier syrische Männer im Alter von 18 bis 28 Jahren.

„Sonst passiert das noch anderen Kindern“

„Ich glaube, dass die Mädchen sehr große Angst hatten“, sagt eine ebenfalls zwölf Jahre alte Mitschülerin über die mutmaßlichen Opfer. Wenn ihr einmal so etwas passieren sollte, würde sie ihre Eltern anrufen und dann zum Bademeister gehen – „sonst passiert das noch anderen Kindern“. Die beiden Mädchen wohnen in Biebergemünd, einem Nachbarort von Gelnhausen und kommen eher selten ins Barbarossabad, da es in ihrer Heimatgemeinde ein Schwimmbad gibt und sie lieber dorthin gehen.

Die Mütter berichten beim Abholen ihrer zwei Mädchen, sie hätten mit ihnen besprochen, wie man sich am besten verhalten solle, um sich zu schützen – beispielsweise nirgends im Schwimmbad alleine hingehen, sondern nur in Gruppen unterwegs sein. Nach den jüngsten Vorfällen würden sie ihre Töchter an den vollen Wochenenden nicht mehr ins Barbarossabad lassen, sagen die beiden Frauen.

„Jetzt wird genauer geguckt und aufgepasst“

Ein 30 Jahre alter Badegast aus Gelnhausen erzählt, er sei auch am Tag der mutmaßlichen Übergriffe in dem Freibad gewesen und habe mitbekommen, wie die Polizei die Verdächtigen abgeführt habe. „Ich finde es wirklich schlimm“, sagt er über die berichteten Vorfälle. „Es ist auch schade, da es ein tolles Schwimmbad ist. Eigentlich sollte das ein Ort der Entspannung, der Erholung und des Spaßes sein.“

Es habe nach seinem Wissen in den vergangenen Jahren immer mal wieder Vorfälle in dem Freibad gegeben: leichte Körperverletzung, Randale und auch sexuelle Übergriffe. Darüber sei aber nie groß berichtet worden. Er finde es gut, dass die mutmaßlichen Belästigungen an den Mädchen nun ein großes öffentliches Thema seien, sagt der 30-Jährige: „Jetzt wird genauer geguckt und aufgepasst.“

LKA: Schwimmbäder sind kein Kriminalitätsschwerpunkt

Nach Angaben des Landeskriminalamts in Wiesbaden wurden im vergangenen Jahr in Hessens Schwimmbädern – also beispielsweise im Becken oder in der Umkleidekabine – 74 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst (2023: 78). Die Aufklärungsquote betrug demnach 82 Prozent. Von den 57 ermittelten Tatverdächtigen seien 55 männlich gewesen, hieß es. Der Anteil der Nicht-deutschen Tatverdächtigen habe bei knapp 60 Prozent gelegen. „Grundsätzlich können wir Ihnen mitteilen, dass Frei- und Hallenbäder in Hessen keinesfalls einen Kriminalitätsschwerpunkt darstellen“, erklärte das LKA.

Schwimmmeister-Verband: Personalmangel ein Problem

Der Bundesverband Deutscher Schwimmmeister (BDS) sieht auch ein Problem beim Personalmangel. „Die Fachkräfte werden weniger, dadurch besteht die Gefahr, dass wir nicht mehr alles im Auge haben und entsprechend einschreiten können“, sagte BDS-Präsident Peter Harzheim. „Leider wird immer wieder auf weniger gut ausgebildete Mitarbeiter zurückgegriffen, die nicht so vorausschauend agieren.“

Gründe für den Personalmangel seien Sparmaßnahmen nach der Corona- und Energiekrise. Zudem gehe die Generation der Babyboomer in Rente. „Die Badbetreiber mussten sparen – und gespart wurde meistens beim Personal, der Sauberkeit und der Sicherheit.“

„Viele geraten außer Kontrolle“

Was in Gelnhausen passiert sei, dürfe und solle nicht vorkommen, betonte Harzheim. „Bei einem solch heißen Wetter steigt bei vielen der Testosteronspiegel und es kommt zu Ausfällen. Viele Leute geraten außer Kontrolle, weil die Sonne ihnen aufs Hirn scheint.“ Das solle aber in keiner Weise eine Verharmlosung der Vorfälle sein, betont der BDS-Präsident.

Zum konkreten Fall in Hessen könne er sich nicht äußern. Wichtig sei aber, gerade in Fällen mutmaßlicher sexueller Belästigung vernünftig und sachlich zu reagieren. Das Opfer oder die Opfer müssten geschützt und von der Masse weg in einen separaten Raum gebracht werden – auch um sich in Ruhe zu unterhalten. „Zugleich muss die Polizei informiert werden. Dort gibt es Beamtinnen, die auf die Probleme der weiblichen Opfer deutlich besser eingehen können. Wir sind zwar schon in vielen Bereichen geschult, aber wir können nicht alles abdecken.“