Extremismusprävention: Abi-Motto mit NS-Bezug: Pflicht zu Gedenkstätten-Besuchen?

Kurz vor dem Abitur sucht ein Jahrgang nach dem Motto für seinen Abschluss. Und entscheidet sich für eines mit Bezug zur NSDAP. Das führt in Hessens Landtag zu einem Vorschlag. Das Echo ist geteilt.

Nach dem Bekanntwerden von Vorschlägen im Nazi-Jargon für das Abi-Motto einer Gießener Schule haben sich im hessischen Landtag mehrere Fraktionen für verpflichtende Besuche von Gedenkstätten ausgesprochen. Es gab aber auch Widerspruch.

Der FDP-Abgeordnete Moritz Promny forderte: „Jeder hessische Schüler und jede hessische Schülerin sollte in der Schullaufbahn einmal eine Gedenkstätte zur Auseinandersetzung mit den Gräueltaten des Nationalsozialismus besucht haben.“ Damit werde das Schicksal der Opfer „mitunter deutlicher vermittelt, als es ein Schulbuch vermag“. Gedenkstättenbesuche könnten dazu beitragen, rechtsextremen Tendenzen und Äußerungen von Schülern vorzubeugen.

Vorschlag: Auch Schulfahrten zum Jüdischen Museum

Der Grünen-Parlamentarier Sascha Meier unterstützte dieses Ziel. Neben Fahrten zu Holocaust-Gedenkstätten könnte der Schulunterricht nach seinen Worten auch mit Besuchen etwa der Bildungsstätte Anne Frank, des Jüdischen Museums und des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt verknüpft werden. Nötig sei eine qualifizierte Vor- und Nachbereitung in den Schulen. 

Bildungsstaatssekretär Manuel Lösel sprach von einer künftig noch intensiveren Wertevermittlung gegen Extremismus in Hessens Schulbildung. Das Gießener Gymnasium, dessen Abiturienten für ein Motto mit NS-Anspielungen stimmten, habe aber auch schon früher zahlreiche Präventionsangebote gemacht wie etwa Workshops zu Antisemitismus und dem KZ Auschwitz. Verpflichtende Besuche von Gedenkstätten sind laut Lösel „nicht der richtige Weg“ – sogar deren eigene Pädagogen lehnten dies ab.

„Überpädagogisierung“? 

Der AfD-Abgeordnete Andreas Lobenstein erklärte mit Blick auf die Gießener Schule: „Solche geschichtsvergessenen und mehr als geschmacklosen Abi-Mottos sind inakzeptabel.“ Hinsichtlich Gedenkstättenbesuchen ergänzte er aber: „Überpädagogisierung führt in vielen Fällen bei jungen Leuten zu Abwehrreflexen.“

Für verpflichtende Fahrten von Jugendlichen zu Gedenkstätten sprach sich die SPD-Parlamentarierin Nina Heidt-Sommer aus. Sie berief sich auf einen entsprechenden Vorstoß von Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU). 

An der Gießener Liebigschule war im Mai bei der Wahl des Abi-Mottos die Formulierung „NSDABI – Verbrennt den Duden“ in Anspielung auf die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) am besten von den Schülern bewertet worden.