Rennspektakel „F1“ im Kino: Für wen lohnt sich Brads Pit(t)-Stop?

Wer sich mit der Formel 1 nicht auskennt, fragt sich wohl gerade, ob sich „F1“ mit Brad Pitt lohnt. Eignet sich das Spektakel für PS-Laien?

Schonmal etwas von Gurney Flap gehört? Oder Graining-Phase? Vielleicht ja Lollipop-Man? Wer Letztgenannten als den dämlichsten MCU-Superhelden aller Zeiten wähnt, hat höchstwahrscheinlich nicht allzu viel mit Rennsport im Allgemeinen und der Formel 1 im Speziellen am Hut. Und das ist auch völlig okay, nur: Alle Kinofans, auf die das zutrifft, dürften sich gerade die Frage stellen, ob Brad Pitt (61) allein ausreicht, um sich für ihn in die Welt der „F1“ zu begeben, die ab dem 26. Juni das Kino erobert. Dürfen wir die grüne, oder müssen wir die rote Kino-Flagge für sie schwenken?

Gegen alle Chancen – darum geht es

Sonny Hayes (Pitt) trägt den Spitznamen „Der Beste, der es niemals geschafft hat“. In den Neunzigerjahren galt er als hoffnungsvollstes Talent der Formel 1 – bis ein Unfall auf der Rennstrecke seine Karriere um ein Haar beendet hätte. 30 Jahre später verdient er sich seinen Lebensunterhalt als Gelegenheitsrennfahrer. Eines Tages tritt Sonnys ehemaliger Teamkollege Ruben Cervantes (Javier Bardem, 56) an ihn heran, der inzwischen Eigentümer eines vor dem Aus stehenden Formel-1-Teams ist. Ruben überredet Sonny zu einer Rückkehr in die Formel 1, um das Team zu retten und einen letzten Versuch zu unternehmen, sich als bester Fahrer der Welt zu beweisen.

Sehenswerte Action unabhängig vom Setting

Wenn Regisseur Joseph Kosinski (51) zuletzt eines bewiesen hat, dann, dass er wie kein Zweiter rasante Action zu inszenieren weiß. So nervenaufreibende, zugleich aber bestens nachvollziehbare Adrenalin-Sequenzen wie in seinem „Top Gun„-Film von 2022 suchte man lange Zeit vergebens auf der Leinwand. Das honorierte auch die Oscar-Academy mit sechs Nominierungen, von denen sich „Maverick“ jedoch nur „Bester Ton“ schnappen konnte.

Was damit gemeint ist: An „Top Gun: Maverick“ fanden nicht nur Kampfjet-Begeisterte Gefallen, und so verhält es sich auch bei „F1“. Im Grunde hat Regisseur Kosinski das Gerüst von „Top Gun: Maverick“ aus der Luft und auf die Formel-1-Rennstrecke verfrachtet, dazu Tom Cruise (62) mit Brad Pitt ersetzt. Im Zentrum beider Werke steht eine außerordentlich klassische Underdog-Geschichte: Ein alter Hund noch älterer Schule, der es den Jungspunden und erst recht sich selbst ein letztes Mal beweisen will.

Das verdient wahrlich keinen Drehbuch-Goldjungen, ist aber höchst effektiv. Automatisch lässt es die Zuschauerinnen und Zuschauer mit dem zunächst belächelten, dann zunehmend beliebten und später gar bewunderten Protagonisten mitfiebern. Frei nach dem Motto: „Hat’s dieser verrückte Teufelskerl doch noch drauf!“

Selbes Filmrezept schmeckte schon mehrfach

Ähnliche Beispiele für Filme, die sich einem bestimmten Milieu widmen, aber aufgrund ihrer Darbietung für alle Cineasten sehenswert sind, gibt es zuhauf: ob „The Wrestler“, „Black Swan“ (Ballett) oder „Whiplash“ (Jazzmusik). Und auch die Formel 1 kam bereits zum Zuge, in Ron Howards (71) eindringlichem „Rush – Alles für den Sieg“. In aller Regel kommen derartige Streifen sogar schlechter bei all jenen weg, die sich als Experten der Materie sehen. Schließlich wird bei ihnen die Realität gerne etwas verbogen und künstlich dramatisiert, um das Publikum bei Laune zu halten.

Natürlich ballen sich auch in den rund zweieinhalb Stunden von „F1“ tragische bis skandalträchtige Dinge auf der Rennstrecke, für die die reale Formel-1-Historie mitunter Jahrzehnte brauchte. Das sorgt zugleich aber dafür, dass der Film trotz Überlänge als kurzweilige Unterhaltung empfunden werden kann. Und die sollte man sich auf jeden Fall auf der großen Leinwand und mit professioneller Soundanlage gönnen. Es wird also guten Gewissens die grüne Kino-Flagge gezückt.