„Polizeiruf 110“ aus Brandenburg: Wer ist eigentlich Lukas Podolski?: Mit Fußball geht’s in die Krimipause

Die „Polizeiruf 110“-Kommissare Ross und Luschke müssen den Mord an einer Unternehmerin aufklären. Was als launiger Fußballfilm beginnt, entwickelt sich zum tiefgründigen Sozialdrama.

4 von 5 PunktenKrimi über Frauenhass und Fußball – berührend und erschütternd

Worum geht’s in dem „Polizeiruf 110“?

Die Deutsche Olivia Briegel arbeitet im polnischen Küstrin als Geschäftsführerin einer Gerüstbaufirma. Als ihr Angestellter Patryk Dobosz (Albert Tallski) seinen Lkw beladen will, macht er eine furchtbare Entdeckung: Auf der Ladefläche des Fahrzeuges liegt eine in Müllsäcken verschnürte Leiche. Die Tote ist Olivia Briegel. Am Vorabend war sie zu ihrer üblichen Joggingrunde aufgebrochen – und von dort nicht zurückgekehrt. Kommissar Vincent Ross (André Kaczmarczyk) und seine Kollegin Alexandra Luschke (Gisa Flake) finden heraus, dass die Unternehmerin mit äußerster Brutalität erschlagen wurde. Ross und Luschke rätseln, wer zu solch einer Tat fähig sein könnte. In der Firma gab es Konflikte. Der „deutsche Größenwahn“ von Briegel sei ihm auf die Nerven gegangen, sagt der Mitarbeiter Jakub Sobinski (Adrian Topol). Er gab seiner Chefin den Spitznamen „Eiskönigin“. An das Firmengelände grenzt der Trainingsplatz eines Jugendfußballvereins. Auch dort ist man nicht gut auf Briegel zu sprechen, die Präsidentin des Klubs war. Im Alleingang hatte sie den Trainer ausgetauscht und ein Turnier abgesagt. Das sorgt für Unmut bei den Jugendlichen. Darunter ist auch Briegels 13-jähriger Sohn Marco (Len Blankenberg), der unter den hohen Ansprüchen seiner Mutter litt.

Warum lohnt sich der Fall „Spiel gegen den Ball“?

Fußballfans dürften sich erinnern: Anfang Juli 2024 trat Deutschland bei der Fußball-Europameisterschaft im Viertelfinale gegen Spanien an – und verlor. Genau dieses Spiel bildet nun den Rahmen für die Krimihandlung. Die Protagonisten treffen sich in einer Kneipe, um die Partie zu verfolgen, doch zur zweiten Halbzeit sind plötzlich alle verschwunden. Keiner der Verdächtigen kann den Ermittlern ein Alibi präsentieren: So bleibt der Film lange spannend und es gibt immer wieder neue Wendungen. Ross und Luschke ermitteln die ganze Zeit vor Ort in der Kleinstadt und werden so fast zum fast Teil der Dorfgemeinschaft. Das schafft eine Nähe zu den Figuren, ihre Schicksale werden einfühlsam erzählt. Den Machern (Drehbuch: Michael Fetter Nathansky, Daniel Bickermann und Christian Werner, Regie: Christian Werner) ist ein Film gelungen, der bewegt, aber auch erschüttert und Erinnerungen an die Neflix-Erfolgsserie „Adolescence“ weckt.

Was stört?

Was als launiger Fußballfilm beginnt, entwickelt sich zum tiefgründigen Sozialdrama. Viele Themen können dabei nur angerissen werden, hätten aber mehr Aufmerksamkeit verdient, etwa Homosexualität im Fußball. Der Film ist brutal und mental herausfordernd, sicher keine leichte Kost für einen warmen Sommerabend. Sonst gibt es kaum etwas zu meckern an diesem gelungenen Krimi.

Die Kommissare?

Beim Thema Fußball spalten sich die Meinungen der Ermittler Luschke und Ross. Während sie Kicken für Kunst hält und sich bestens auskennt, kann er dem Sport nichts abgewinnen und geht lieber in die Oper. Die Diskussion zwischen den Kommissaren gipfelt in dem schönen Moment, als Ross scherzhaft fragt: „Wer ist eigentlich Lukas Podolski?“ Beruflich läuft’s für die beiden besser: Ross und Luschke erweisen sich als gutes Team, das akribisch und feinfühlig ermittelt.

Ein- oder ausschalten?

Einschalten – auch, wenn man sich nicht für Fußball interessiert! Der letzte neue Sonntagskrimi vor der Sommerpause ist richtig stark und wirkt lange nach.