Mit der Aktivrente will die Bundesregierung dafür sorgen, dass mehr Rentner weiterarbeiten. Nun zeigen Berechnungen: Ganz so einfach wird es nicht.
Von der geplanten Aktivrente dürften vor allem gutverdienende Renter profitieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die Capital vorliegt und über die zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete. Demnach würden zunächst rund 234.000 Renterinnen und Rentner profitieren. Allerdings gebe es große Unsicherheiten darüber, wie viele Menschen durch die Aktivrente zum Weiterarbeiten motivierten werden.
Die Aktivrente geht zurück auf eine Idee von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und ist eines der wichtigsten Vorhaben der Union beim Thema Rente. Sie sieht vor, dass Rentner künftig bis zu 2000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen können. Die Hoffnung ist, dass damit mehr Menschen nach Erreichen der Regelarbeitsgrenze weiterarbeiten und dadurch die Rentenkasse entlasten wie auch den Fachkräftemangel mildern.
Aktivrente führt zu weniger Steuereinnahmen – die ausgeglichen werden könnten
Die Grundidee sei, dass man fitte Rentnerinnen und Rentner „im Arbeitsmarkt halten will, denn der demografische Wandel setzt jetzt voll ein“, sagt Stefan Bach, wissenschaftlicher Mitarbeiter des DIW und Autor der Berechnung. „Wir verlieren jährlich Hunderttausende, die nicht durch Migration ersetzt werden können. Vor diesem Hintergrund will man ältere Menschen zu mehr Arbeit motivieren.“
Würde die Aktivrente jetzt eingeführt, berechnen Bach und seine Kollegen, hätten vor allem Rentner mit hohen Einkommen etwas davon. Das wiederum sorgt für ausbleibende Steuereinnahmen für die Staatskasse – die DIW-Forscher beziffern diese auf etwa 770 Mio. Euro. Diese könnten ausgeglichen werden, wenn sich mehr Menschen ab 67 zum Weiterarbeiten entscheiden würden. Würden beispielsweise 75.000 zusätzliche Rentner arbeiten und dabei keine jüngeren Beschäftigten verdrängen, könnte der Staat laut DIW wieder jährlich 520 Mio. Euro Mehreinnahmen verzeichnen.
Allerdings benennt das Institut hier bereits eines der Probleme der Aktivrente. Denn bisher scheint die Bundesregierung Selbstständige von der Aktivrente ausschließen zu wollen. „Aus verfassungsrechtlicher Perspektive bedeutet das eine erhebliche Ungleichbesteuerung von Einkünften, die man steuer- und wirtschaftspolitisch kaum begründen kann“, schreiben die Forscher. Würden Selbstständige allerdings in die Aktivrente mit einbezogen, müsste der Staat auch auf deutlich mehr Steuereinnahmen verzichten. Die Simulation der Forscher beziffert diese Mindereinnahmen bei der Einkommenssteuer auf 1,5 Mrd. Euro – die aber wohl noch unterschätzt sind. Hinzu kommt, dass Selbstständige bei den älteren Erwerbstätigen deutlich überrepräsentiert sind.
Viele Rentner in Minijobs
Ob sich genug ältere Menschen zur Weiterarbeit motivieren lassen, ist laut den DIW-Forschern schwer zu prognostizieren. Bisher gebe es nur wenige Vergleichswerte, nur wenige Renterinnen und Rentner arbeiteten jenseits von Minijobs. Und auch international gebe es wenig Vergleichswerte, die auch nur begrenzt auf Deutschland übertragen werden könnten.
Insgesamt sei die Aktivrente trotzdem ein sinnvolles Konzept. „Die Aktivrente kann helfen, die Beschäftigung auch jenseits des Rentenalters zu fördern“, heißt es im DIW-Papier. Sie sei aber kein Ersatz für andere notwendige Maßnahmen, wie besserer Weiterbildung aller Erwerbspersonen.